Plauderkassen: Der Gegentrend zur menschenlosen Technik
Schnell rein, eine Chipstüte und ein Getränk holen, am besten mit der Karte an einer menschenlosen Kasse bezahlen und raus. So in etwa gestaltet sich der Einkauf für einen Großteil der Bevölkerung. Dies macht Supermarktketten und Tech-Giganten, wie z.B. Amazon Fresh Einkaufsstätten, sehr profitabel und wohl auch glücklich, im Gegensatz zu Menschen, die sich bereits alleine fühlen. Aber es gibt jetzt einen Gegentrend, die sogenannten Plauderkassen.
Für viele einsame Menschen gilt der Einkauf im Supermarkt als ein Tapetenwechsel zum öden Alltag. Interaktion, unter Menschen sein, ein paar nette Worte austauschen oder ein Lächeln beim Vorbeigehen ergattern, danach sehnen sich in aller erster Linie Senioren.
In den meisten Supermärkten erlebt man heutzutage ein schnelles Tempo. Insbesondere in Großstädten scheint keiner mehr Zeit zu haben, den Einkauf so zu genießen, wie es vor ein paar Jahren noch der Fall war. Hauptsache alles mitnehmen was auf der Liste steht bzw. was man gerade benötigt und weiter geht’s. Der Alltagsstress wird quasi einmal durch den Supermarkt durchgewirbelt. Zum Herunterkommen und Energie tanken nimmt man sich keine Zeit, obwohl viele Geschäfte einiges daran setzen, mit Musik, Düften und Gerüchen die Kunden zu verzaubern und somit u.a. auch zu einem üppigeren Einkaufskorb voller Produkte zu animieren.
Technik bestimmt unseren Alltag und so entstehen zusehends immer mehr menschenlose Kassen, an denen die Kunden Ihren Einkauf selbst scannen und die Zahlung abwickeln. Weniger Personalkosten, d.h. mehr Geld für die Einkaufsstätte. Die technologieaffine Zielgruppe freut sich alles selber in der Hand zu haben und ihren Einkauf schnell zu erledigen. Alle anderen dürfen sich an den wenigen Kassen anstellen und hoffen, dass der Mitarbeiter das hohe Tempo behält, damit sie schnell weiter können.
Kaffe-Ecken und Plauderkassen für die Seele
Eine Supermarktkette in den Niederlanden geht einen anderen Weg. Mit einer Kaffee-(bzw. Plauder)-Ecke und Plauderkassen versucht man einsamen und hilfebedürftigen Menschen zu helfen. Die Initiative kommt in der Gemeinschaft sehr gut an.
Es handelt sich hierbei um eine Kooperation zwischen der Stiftung „Alles voor Mekaar“ und dem Supermarkt Jumbo. Das Hauptziel dieser Initiative ist es, älteren Menschen bei verschiedenen alltäglichen Fragen zur Hilfe zu kommen. Es gilt, diese Menschen mit hilfsbereiten Nachbarn zusammen zu bringen.
Braucht ein älterer Mensch Unterstützung beim Einkaufen, im Haushalt oder beim Transport, dann wird dieses Bedürfnis bzw. Anliegen mit der Hilfeleistung eines Einheimischen zusammengebracht. Hierfür wurde die Kaffee-Ecke ins Leben gerufen. Hier können sich Menschen aus beiden Gruppen quasi auf eine Tasse Kaffee und ein Schwätzchen treffen. Mitarbeiter der Stiftung und des Supermarkts helfen beim Kontakte knüpfen und unterstützen den gesamten Prozess.
Neben der Kaffee-Ecke gibt es auch eine gesonderte Plauderecke für die Jumbo-Kunden. Hier kann man in Ruhe seine Fragen stellen – ohne dass man sich dabei gehetzt fühlt. Obendrauf wurden auch noch Plauderkassen eingerichtet, um den engeren Kundenkontakt besser pflegen zu können.
Ein tolles Konzept gegen die Einsamkeit
Isolation und Einsamkeit sind ein gravierendes Problem in unserer heutigen, schnelllebigen Gesellschaft. Auch bei uns in Deutschland leiden vermehrt Menschen an Einsamkeit.
Jede siebente Person ab 46 Jahren fühlt sich einsam, so eine aktuelle Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA).
Diese Zahl ist sehr besorgniserregend und lässt sich nicht mehr so schnell unter den Teppich kehren. Einsamkeit ist ein ernst zu nehmendes Problem in unserer Gesellschaft.
Umso wertvoller sind derartige Konzepte, wie jenes von Jumbo und der „Alles voor Mekaar“-Stiftung, welche sich dem Trend aktiv entgegen stellen und einen großartigen Job für mehr Menschenliebe statt Einsamkeit tun. Auf Social Media gibt’s auch entsprechend Lob für die Initiative.
Ich weiß noch, dass die Supermarktkette Globus vor rund zehn Jahren sogenannte Tanzabende für Senioren und einsame Menschen veranstaltete. Ob diese Events noch stattfinden, ist mir nicht bekannt. Auch das zeigt, dass die Wirtschaft sehr wohl als ein wichtiges Bindeglied zwischen Menschen agieren und einen wertvollen Beitrag in punkto „Verbindung“ leisten können.
Ich begrüße derartige Initiativen, die sich auf Nächstenliebe, Gemeinschaftsförderung und Wohlsein fokussieren. Wenn Kaffee-Ecken und Plauderkassen solch positive Effekte auf Menschen ausüben, dann wär es sicher auch etwas für hiesige Supermarktketten, um sich ein Beispiel daranzunehmen und dies vielleicht auch hier bei uns umsetzen.
Bildquelle: Foto von Centre for Ageing Better auf Unsplash
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