2023-04 Plauderkassen Gegentrend zur menschenlosen Technik - Agrarbetrieb

Plauderkassen: Der Gegentrend zur menschenlosen Technik

Schnell rein, eine Chipstüte und ein Getränk holen, am besten mit der Karte an einer menschenlosen Kasse bezahlen und raus. So in etwa gestaltet sich der Einkauf für einen Großteil der Bevölkerung. Dies macht Supermarktketten und Tech-Giganten, wie z.B. Amazon Fresh Einkaufsstätten, sehr profitabel und wohl auch glücklich, im Gegensatz zu Menschen, die sich bereits alleine fühlen. Aber es gibt jetzt einen Gegentrend, die sogenannten Plauderkassen.

Für viele einsame Menschen gilt der Einkauf im Supermarkt als ein Tapetenwechsel zum öden Alltag. Interaktion, unter Menschen sein, ein paar nette Worte austauschen oder ein Lächeln beim Vorbeigehen ergattern, danach sehnen sich in aller erster Linie Senioren.

In den meisten Supermärkten erlebt man heutzutage ein schnelles Tempo. Insbesondere in Großstädten scheint keiner mehr Zeit zu haben, den Einkauf so zu genießen, wie es vor ein paar Jahren noch der Fall war. Hauptsache alles mitnehmen was auf der Liste steht bzw. was man gerade benötigt und weiter geht’s. Der Alltagsstress wird quasi einmal durch den Supermarkt durchgewirbelt. Zum Herunterkommen und Energie tanken nimmt man sich keine Zeit, obwohl viele Geschäfte einiges daran setzen, mit Musik, Düften und Gerüchen die Kunden zu verzaubern und somit u.a. auch zu einem üppigeren Einkaufskorb voller Produkte zu animieren.

Technik bestimmt unseren Alltag und so entstehen zusehends immer mehr menschenlose Kassen, an denen die Kunden Ihren Einkauf selbst scannen und die Zahlung abwickeln. Weniger Personalkosten, d.h. mehr Geld für die Einkaufsstätte. Die technologieaffine Zielgruppe freut sich alles selber in der Hand zu haben und ihren Einkauf schnell zu erledigen. Alle anderen dürfen sich an den wenigen Kassen anstellen und hoffen, dass der Mitarbeiter das hohe Tempo behält, damit sie schnell weiter können.

Kaffe-Ecken und Plauderkassen für die Seele

Eine Supermarktkette in den Niederlanden geht einen anderen Weg. Mit einer Kaffee-(bzw. Plauder)-Ecke und Plauderkassen versucht man einsamen und hilfebedürftigen Menschen zu helfen. Die Initiative kommt in der Gemeinschaft sehr gut an.

Quelle: Jumbo Supermarkten, YouTube

Es handelt sich hierbei um eine Kooperation zwischen der Stiftung „Alles voor Mekaar“ und dem Supermarkt Jumbo. Das Hauptziel dieser Initiative ist es, älteren Menschen bei verschiedenen alltäglichen Fragen zur Hilfe zu kommen. Es gilt, diese Menschen mit hilfsbereiten Nachbarn zusammen zu bringen.

Braucht ein älterer Mensch Unterstützung beim Einkaufen, im Haushalt oder beim Transport, dann wird dieses Bedürfnis bzw. Anliegen mit der Hilfeleistung eines Einheimischen zusammengebracht. Hierfür wurde die Kaffee-Ecke ins Leben gerufen. Hier können sich Menschen aus beiden Gruppen quasi auf eine Tasse Kaffee und ein Schwätzchen treffen. Mitarbeiter der Stiftung und des Supermarkts helfen beim Kontakte knüpfen und unterstützen den gesamten Prozess.

Neben der Kaffee-Ecke gibt es auch eine gesonderte Plauderecke für die Jumbo-Kunden. Hier kann man in Ruhe seine Fragen stellen – ohne dass man sich dabei gehetzt fühlt. Obendrauf wurden auch noch Plauderkassen eingerichtet, um den engeren Kundenkontakt besser pflegen zu können.

Ein tolles Konzept gegen die Einsamkeit

Isolation und Einsamkeit sind ein gravierendes Problem in unserer heutigen, schnelllebigen Gesellschaft. Auch bei uns in Deutschland leiden vermehrt Menschen an Einsamkeit.

Jede siebente Person ab 46 Jahren fühlt sich einsam, so eine aktuelle Studie des Deutschen Zentrums für Altersfragen (DZA).

Diese Zahl ist sehr besorgniserregend und lässt sich nicht mehr so schnell unter den Teppich kehren. Einsamkeit ist ein ernst zu nehmendes Problem in unserer Gesellschaft.

Umso wertvoller sind derartige Konzepte, wie jenes von Jumbo und der „Alles voor Mekaar“-Stiftung, welche sich dem Trend aktiv entgegen stellen und einen großartigen Job für mehr Menschenliebe statt Einsamkeit tun. Auf Social Media gibt’s auch entsprechend Lob für die Initiative.

Ich weiß noch, dass die Supermarktkette Globus vor rund zehn Jahren sogenannte Tanzabende für Senioren und einsame Menschen veranstaltete. Ob diese Events noch stattfinden, ist mir nicht bekannt. Auch das zeigt, dass die Wirtschaft sehr wohl als ein wichtiges Bindeglied zwischen Menschen agieren und einen wertvollen Beitrag in punkto „Verbindung“ leisten können.

Ich begrüße derartige Initiativen, die sich auf Nächstenliebe, Gemeinschaftsförderung und Wohlsein fokussieren. Wenn Kaffee-Ecken und Plauderkassen solch positive Effekte auf Menschen ausüben, dann wär es sicher auch etwas für hiesige Supermarktketten, um sich ein Beispiel daranzunehmen und dies vielleicht auch hier bei uns umsetzen.

Bildquelle: Foto von Centre for Ageing Better auf Unsplash

Lokal und Global – Wie wär’s mit einer Ko-Existenz?

Lokal und Global – Wie wär’s mit einer Ko-Existenz?

Wir leben in einer Welt geprägt von Dualität: gut-schlecht, oben-unten, links-rechts, schwarz-weiß, global-lokal usw. Anstatt mit dem Gießkannenprinzip sogenannte Lösungswege anzubieten, die einerseits absolut keinen Sinn ergeben und andererseits, komplett das Gegenteil bewirken, wie wär’s wenn wir individuelle Lösungen für Situationen finden, in denen eine Ko-Existenz der beiden vermeintlichen Gegenströme die bessere Vorgehensweise ist.

Als Befürworter der WIN-WIN Strategie, sehe ich das Thema global-lokal insbesondere auf meiner Branche, der Landwirtschaft bezogen, nicht so engstirnig wie manch ein Politiker, eine Partei, ein NGO etc. uns weiss machen will. Es ist irrsinnig, lokale Probleme die z.B. in einer kleinen Gemeinde auftreten, mit globalen Ansätzen zu lösen. Anders herum ist es genauso dumm, auf globale Herausforderungen ausschließlich mit lokalen Konzepten zu reagieren.

Die Kraft liegt in der Kombination, in der cleveren Verschmelzung globaler und lokaler Ideen. Unabhängig davon ob wir hier über eine steigende Weltbevölkerung oder eine massive „Völkerwanderung“ in Richtung Mega-Cities sprechen, die Versorgungsprobleme erfordern verzahntes Denken und Handeln.

Die Entweder-Oder-Debatte ist völlig falsch

Alles auf 100% global umzustellen ist nicht zielführend, auch wenn sich da manch einer ein schöneres bzw. sorgloseres Leben verspricht. Die letzten Jahre haben die Schwachstellen der globalen Orientierung stärker aufgezeigt als je zuvor.

Hier ein paar Beispiele:

  • Schiffe die voll beladen irgendwo fest stecken und die Container den Hafen nicht mehr erreichen.
  • Internationale Ware in Häfen die aufgrund mangelnder LKW-Fahrer nicht in die Läden transportiert werden kann.
  • Leere Regale in den Supermärkten (insbesondere in Großstädten) und große Bestellungslücken die nicht aufgeholt werden können.
  • Saisonale Ware die von der einen Halbkugel der Erde auf die andere geschippert wird, weil man einerseits, nicht die nötigen Investitionen vor Ort getätigt hat und andererseits, weil der liebe Konsument die Verbundenheit zur Natur völlig verloren hat und das Thema Saisonalität für ihn eine große Unbekannte ist.

Diese Liste könnt Ihr gerne weiter führen, in dem Ihr Beispiele aus Eurem Alltag integriert. Das gibt dem Ganzen dann einen „lokalen“ Sinn sozusagen.

Spass beiseite, das sind keine Lappalien. Die Begriffe Nachhaltigkeit, Globalismus und Klimawandel werden so gerne durch die Gegend geschmissen, aber wer sich mal ernsthaft hinsetzt und überlegt was wir hier treiben, nämlich tonnenweise Lebens- und Nahrungsmittel über zehntausende von Kilometer von A nach B zu fahren, fliegen und Co., der kommt zur Schlußfolgerung, dass wir alle nicht ganz dicht sind.

Ganz zu schweigen was uns das alles kostet, schaden wir der Natur und unserem Planeten mehr denn je. Und dann sollen wir das noch mehr intensivieren? Wir sehen doch deutlich, dass diese globale Verflechtung nicht funktioniert, wieso pushen wir diese Schiene dann ins Extreme?

Clever ist was anderes. Bitte versteht mich nicht falsch, globale Konzepte und Strategien bringen Vorteile mit sich wenn sie sinnvoll und gezielt eingesetzt werden. Aber damit lösen wir nicht die oben aufgeführten Probleme. Diese Denkweise ist falsch und sollte dringend korrigiert werden.

Ich sehe die Power in der Kombo lokal und global. Wenn wir tolle Sorten hier bei uns in der Region anpflanzen können, dann sollten wir das vermehrt tun. Als Naturliebhaber sehe ich die Saison-Zyklen die uns Mutter Erde zur Verfügung stellt als eine Unterstützung und nicht als Hindernis. Wenn wir mit diesen Zyklen arbeiten statt dagegen, dann erreichen wir viel mehr.

Die ganzen Technologien und innovativen Konzepte wie z.B. Foodscaping, Vertical Farming, Urban Farming, Hydroponik, Aquaponik, Permakultur über die ich des Öfteren hier auf Agrarbetrieb geschrieben habe, helfen uns da sehr gut weiter.

„Go local“ ist wesentlich mehr als nur ein Slogan

So sehr ich exotische Früchte, Hülsenfrüchte und Co. mag, umso verrückter erscheint mir das Treiben in punkto Versorgung und Lieferung dieser Produkte aus weiten Ländern zu uns nach Deutschland — und das über das ganze Jahr hinweg.

Wir importieren im Winter Heidelbeeren aus Chile und Peru, lassen allerdings unsere leckeren deutschen Heidelbeeren im Sommer links liegen. Wir rütteln im Herbst mit der Nase wenn Grünkohl oder Kraut aus der heimischen Produktion serviert wird und greifen lieber zu Kimchi oder Chinakohl weil wir der Meinung sind, dass diese was Besonderes sind.

Der heutige Konsument ist völlig verzogen. In der Schule lernen die Kinder nicht mehr welches Obst und Gemüse in welcher Jahreszeit geerntet wird. Wozu das alles lernen, wenn die Supermärkte das „Zeug“ ganzjährig im Sortiment führen.

Was ich damit sagen will ist folgendes: Entweder lernen wir alle unsere heimischen Lebens- und Nahrungsmittel auf der sanften Tour zu schätzen oder wir kriegen eine harte Lektion verpasst, wenn wir früher oder später vor leeren Regalen stehen.

Für alle Liebhaber von exotischen Früchten & Co.: Wir haben die Möglichkeit diese teilweise auch bei uns in Deutschland anzupflanzen. Ich habe dies ja auch mit meiner Aroniaplantage getan. Die Aroniabeeren habe ich auf meinen Reisen nach Südamerika kennengelernt und weil ich von den vielen Vorteilen dieser Superbeere absolut begeistert war, habe ich sie zu uns ins Frankenländle mitgebracht. Mehr dazu auf Frankenaronia.

Lokal & Global – The Power is in the Mix

Je mehr wir hierzulande produzieren können, am besten regional, um größere Transport- und Lieferwege zu vermeiden, umso gezielter können wir dann global vorgehen, mit dem was wir wirklich nötig haben. Wenn wir jedoch das globale Geschäft getreu dem Motto „Profite maximieren, ohne Rücksicht auf Verluste“ weiterhin betreiben, werden die Systeme kollabieren.

Es ist ein Paradigmenwechsel notwendig. Wir müssen die Ressourcen anders verteilen und das was wir lokal generieren können, besser nutzen. Damit kommen wir nicht nur der Natur sondern auch unseren Gemeinden und Länder zugute.

Extreme verstärken das Konzept der Dualität und bringen uns kein bisschen weiter. Besinnen wir uns daher auf unsere Stärken, schöpfen wir aus unserer lokalen Kraft und geben dem Rezept die benötigte globale Würze.

Bildquelle: Foto von Fotoworkshop4You auf Pixabay

Supercoop - der erste Mittmach-Supermarkt in Berlin

Supercoop – der erste Mittmach-Supermarkt in Berlin

Ein gemeinschaftlicher Supermarkt der seinen Mitgliedern Zugang zu hochwertigen Bio-Produkten aus der Region bietet und das mitten in unserer Hauptstadt – Wie geht das denn? Ist dies ein tragfähiges Konzept? Ich präsentiere Euch Supercoop, den ersten genossenschaftlichen Supermarkt in Berlin.

Wer erinnert sich noch an die vielen Tante Emma Läden? Vor gerade mal zwei Dekaden schmückten diese meist klein bis mittelgroße „Supermärkte“ unsere Strassen und verzauberten Groß und Klein mit allerlei heimischen Produkten.

Heute zählen wir die Supermarktketten an einer Hand, finden überall das Gleiche und müssen für regionale Produkte meist recht tief in die Tasche greifen, um beim nächstgelegenen Biomarkt etwas vernünftiges zu kaufen. Dass dies eine Belastung für viele Haushalte und gesundheitsorientierte Menschen ist, die Wert auf hochwertige Nahrungs- und Lebensmittel aus ihrer Heimatregion legen, interessiert die „Führungsetagen“ herzlich wenig.

Wie ich des Öfteren schon geschrieben und gesagt habe, hilft das ewige Jammern keinem von uns weiter. Umso glücklicher macht es mich als Befürworter von Direktvermarktung und Gemeinschaften zu sehen, dass sich eine Gruppe von Menschen in Berlin zusammen getan haben, um einen tollen Laden für sich und ihre wertvollen Mitglieder auf die Beine zu stellen.

Wofür steht Supercoop? Woher kommt die Idee und noch wichtiger, ist dies ein tragfähiges Konzept was auch in anderen Städten und Regionen Deutschlands umgesetzt werden kann?

Quelle: Supercoop Berlin, YouTube

Bei Supercoop kann jeder mitmachen

SuperCoop Berlin eG ist eine Genossenschaft mit derzeit 773 Mitgliedern. Der genossenschaftliche Supermarkt gehört seinen Mitgliedern.

Das Konzept mag für uns in Deutschland neu sein, aber derartige Supermärkte gibt es bereits seit über 40 Jahren in New York mit 17.000 Mitgliedern und in Paris mit über 6.000 Mitgliedern.

Wie funktioniert das Ganze?

Die Verwaltung inklusive Bestellungen und Koordination wird von den Mitgliedern übernommen. Jeder Mitglied arbeitet 3 Stunden pro Monat wodurch kein extra Personal eingestellt werden muss. Bei Supercoop einkaufen dürfen ausschließlich die Mitglieder. Die Lebensmittelpreise sind zwar günstiger als im Bioladen aber teurer als beim Discounter um die Ecke. Angeboten wird eine breite Palette hochwertiger Produkte die frisch, biologisch und regional sind. Es geht darum die Erzeuger(Innen) wert zu schätzen und fair zu bezahlen.

Wie groß ist der Laden?

Seit Februar 2022 erfolgte eine Ladenerweiterung von 230 qm auf 700 qm. Jede Menge Platz also für faire Nahrungs- und Lebensmittel aus der Umgebung.

Wieviel muss ich investiere um mitzumachen?

Das Startkapital beträgt 100€ und jeder kann mitmachen der möchte.

Obwohl es auch in München, Hamburg oder Köln ähnliche Initiativen gibt, ist der Supercoop in Berlin in seiner derzeitigen Form der erste genossenschaftliche Supermarkt Deutschlands.

Weitere wertvolle Informationen findet Ihr auf der offiziellen Webseite des Supermarkts.

Faire Lebensmittel für alle

Ich begrüße diese tolle Idee und vor allem die Umsetzung eines gemeinschaftlichen Supermarktes, wo jeder Mitglied anpacken kann und somit auch ein besseres Verständnis für Lebensmittel bekommt. Denn Popcorns wachsen nicht auf einem Baum und das was bei Fast Food Ketten auf dem Teller landet hat mit Gesundheit und Fairness überhaupt nichts zu tun.

Selbstverständlich müssen wir in diesem Zusammenhang auch das leidige Thema „Lebensmittelverschwendung“ ansprechen. Auch hier punktet ein Konzept wie Supercoop, da hier proaktiv agiert wird, weil einfach das Verständnis und die Wertschätzung für Mutter Erde eine ganz andere ist als in manch einem anderen Laden.

Was mein Herz als Landwirt höher schlagen lässt, ist die Tatsache, dass der Supercoop auch Produkte direkt vom Bauernhof bezieht und dadurch kleineren landwirtschaftlichen Betrieben eine Chance bietet, ihre Produkte dort anzubieten. Denn wie wir alle wissen, nimmt der konventionelle Einzelhandel solche Angebote gar nicht wahr.

Weitere Vorteile:

Neben Bioqualität und Regionalität wird ganz viel Wert auch auf Saison-Ware gelegt.

Die Vermeidung von Plastikverpackungen in dem lose Ware angeboten wird, spricht für Nachhaltigkeit.

Die Einbindung der Mitglieder in die Ladengestaltung und bei der Entwicklung des Produktsortiments ist sicherlich auch ein Bonus.

Rundum eine tolle Initiative dieser Supercoop. Ich freue mich, wenn ich zukünftig des Öfteren über derartige erfolgreiche Konzepte hier auf Agrarbetrieb berichten kann.

Bildquelle: Foto von dawnfu auf Pixabay

Kastl-Greissler Container-Nahversorgungsmodell

Der Kastl-Greissler – ein spannendes Container-Nahversorgungsmodell aus Österreich

Während die Debatten regional vs global immer absurder werden, haben unsere Nachbarn aus Österreich etwas Einzigartiges aus dem Kasten gezaubert — und das wortwörtlich. Sie haben einen stink normalen Container in einen Nahversorger umgewandelt, um die Menschen in ländlichen Regionen mit regionalen Produkten des täglichen Bedarfs zu erreichen. Das neuartige Konzept wurde in ein Franchise-System eingebettet und soll in den kommenden Jahren in der DACH-Region ausgerollt werden.

Es gibt nicht die eine perfekte Lösung und je eher wir das verstehen, umso verzahnter können wir agieren und Synergien entsprechend nutzen. Supermärkte haben ihre Rolle, Hofläden sind ein Klasse Direktvermarktungskonzept und die Fahrradfahrer, die wir neuerdings immer häufiger in den Cities samt Anhänger mit frischem, saisonalem Obst und Gemüse vom Bauer aus der Region sichten, sind sicherlich eine tolle Addition.

Der Kastl-Greissler, so das Container-Konzept aus Österreich wird von seinen Erfinder als ein Nahversorgungsunternehmen gesehen, das die Marktlücke zwischen Supermärkten und Hofläden schliessen soll. Die Vorteile liegen auf der Hand:

  • Lebensmittel und Spezialitäten aus der jeweiligen Region
  • Kurze Transportwege und kein Logistikchaos
  • Belieferung durch Bauern aus der Region
  • Erreichbarkeit als dörflicher Nahversorger
  • Neue, flexible Arbeitsplätze
  • Flexible Arbeitszeiten (Öffnungszeiten des Container-Shops).

Was beinhaltet das Kastl-Greissler Franchise-Paket?

Ähnlich wie bei allen anderen bekannten Franchise-Modellen wie z.B. Domino’s Pizza oder Subway, kommt auch beim Kastl-Greissler Franchise-Paket eine einmalige Startgebühr sowie eine jährliche Servicegebühr zum Tragen.

Darin enthalten sind:

  • Ein optimierter Verkaufscontainer
  • Kassensystem und Warenwirtschaftssystem
  • Best Practices, Sortimentsempfehlungen und Einkaufskonditionen
  • Planungssicherheit durch Erfahrung (Infos und Best Practices von anderen Container-Shops)
  • Unterstützung und Coaching durch ein erfahrenes Team
  • Kastl-Greissler Dachmarketing
Quelle: Der KastlGreissler, YouTube

Welcher Standort wird als erster in Deutschland aktiviert?

Die Österreicher geben in punkto Standortaktivierung richtig Gas. Derzeit sind 15 Kastl-Greissler im Geschäft: 5 im Burgenland, 4 in Niederösterreich, 1 in Osttirol, 3 in Kärnten und 2 in Oberösterreich (siehe KastlGreissler-Webseite).

Was ich persönlich als absolut faszinierend betrachte ist die hohe Anzahl der landwirtschaftlichen Produzenten, die mit Hilfe dieses Container-Nahversorgers einen zusätzlichen Vertriebsweg gefunden haben. Die Zahl beläuft sich auf 220.

In punkto Planung und Expansion, hilft ein Blick auf die Fundraising-Seite des Projekts, denn die Mittel für den erfolgreichen Launch kommen von den über 240 Investoren, die auf der Green Rocket Crowdfunding-Plattform mit ihrem Geld hierfür gestimmt haben:

  • Bis Ende 2021 soll es in ganz Österreich 40 Container-Shops geben.
  • Bis 2024 sind 46 Franchisenehmer und 152 Container mit Umsätzen von über 1,3 Mio. EUR geplant.

Quelle: Green Rocket

Während die österreichischen Medien immer wieder mal einen Beitrag über dieses einzigartige Konzept veröffentlichen, mangelt es in Deutschland an derartigen Infos. Schade, denn ich finde diese Verkaufsboxen ein tolles Pendant zum Amazon Fresh Store, der bald unsere europäischen Städte erobern soll.

Die Anzahl der landwirtschaftlichen Familienbetriebe die sich mit Amazon an den Verhandlungstisch setzen möchten und davon überzeugt sind, dass sie einen fairen Preis herausschlagen können, hält sich in Grenzen. Wenn wir jedoch unsere frische Ware vor Ort an den Konsumenten bringen können, ohne stundenlang in Staus zu stecken, permanent Ausschau nach Fahrer zu haben und ohne den Eindruck zu haben, vom Händler erneut über den Tisch gezogen zu sein, dann ist dieses Container-Franchise-System eine wertvolle Alternative.

Wann der erste Container bei uns in Deutschland bzw. bei den Kollegen in der Schweiz aufmacht, ist heute noch unklar. Ich könnte mir jedoch vorstellen, dass wir hier in Bayern, aufgrund unserer Nähe zu Österreich zu den ersten zählen werden.

Das allerwichtigste bei der ganzen Sache ist die WIN-WIN-WIN-Situation. Der Konsument gewinnt, weil er / sie frische Lebensmittel vom regionalen Bauer direkt vor Ort einkaufen kann. Der Landwirt gewinnt weil er / sie seine Ware ohne langes hin und her direkt vermarkten kann. Der Container-Inhaber gewinnt weil er / sie ein Basissortiment an Alltagsprodukten in einem kleinen Raum bis zu 7 Tage die Woche anbieten kann.

Fragen an meine Konsumenten-Leser: Spricht Euch dieses Konzept an? Würdet Ihr da einkaufen gehen? Welches Basissortiment erwartet Ihr?

Frage an meine Landwirtschaftskollegen: Habt Ihr Interesse als Franchisenehmer da einzusteigen oder bleibt Ihr lieber „nur“ als Lieferant tätig?

Ich freue mich auf Euren Input zum innovativen Kastl-Greissler Container-Shop.

Bildquelle: Foto von Clker-Free-Vector-Images auf Pixabay

Direktvermarktung Studie belegt Trend

Direktvermarktung: Studien belegen den Trend

Eine aktuelle BMEL-Studie belegt das was innovative Landwirte schon länger wissen und geschickt umsetzen: immer mehr Betriebe switchen auf Direktvermarktung. Der Trend wird zu einer relevanten Überlebensalternative. Food-Coops, Hofläden, Verkaufsautomaten und Co. – sind spannende Optionen sowohl für konventionelle Betriebe als auch für Bio-Höfe.

Kein Zwischenhändler auf dieser Welt, egal wie smart und informiert dieser sein mag, kennt unsere Produkte und die dahinterliegenden Prozesse besser als wir Landwirte. Gleichzeitig, können Supermärkte und ihre Angestellten, trotz aller gesammelten und von Marktforschungsunternehmen eingekauften Daten, auf Kundenwünsche nicht besser reagieren als wir.

Wir sind diejenigen, die die harten Kundenfragen ohne Augenzucken direkt beantworten können. Bei uns liegt die Macht, wenn es darum geht, unsere Prozesse zu optimieren, um dadurch effizienter zu werden. Auch der Bereich Kreativität und das Austesten neuer Varianten wie z.B. Sanddorn oder wie in meinem konkreten Fall, Aroniabeeren anpflanzen, liegt in unserer Hand.

Klar tut sich der eine oder andere Landwirt mit Veränderungen schwer, aber uns bleibt in dieser schnelllebigen und teils absolut verrückten Welt nichts anderes übrig als uns anzupassen und sogar noch besser, Trends vorzugeben. Diejenigen, die das nicht schaffen, werden früher oder später ihre Betriebe schliessen müssen.

Es hängt so viel von unserer Denkweise ab.

Wir können rebellieren, auf die Strassen gehen, um etwas an den externen Faktoren zu ändern aber letzten Endes entscheidet sich der Krieg in unserem Kopf. Regeln, Gesetze, Politiker, Steuern usw. wird es immer geben. Die Mächtigen dieser Welt sind sehr kreativ und werden sich immer neue Tricks einfallen lassen. Wir müssen aber cleverer, schneller, flexibler und anpassungsfähiger sein als diese „Grüppchen“. Deshalb rückt auch das Thema Direktvermarktung vermehrt in den Vordergrund und beschäftigt immer mehr landwirtschaftliche Betriebe.

Direktvermarktung als zusätzliches Einkommensstandbein

Ein paar Eckdaten zur Studie „Innodirekt“ des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL):

  • Titel der Studie: „Neue und innovative Formen der Direktvermarktung landwirtschaftlicher Produkte – Analyse und Erarbeitung von Handlungsempfehlungen“
  • Projektlaufzeit: 1. Dezember 2017 bis 30. Januar 2020
  • Zuwendungsempfänger: ECOZEPT GbR, Freising
  • Durchgeführt im Rahmen des Rahmen des Bundesprogramms Ökologischer Landbau und andere Formen nachhaltiger Landwirtschaft (BÖLN)
  • Befragte: 200 ökologisch und konventionell wirtschaftende Landwirte mit Direktvermarktung, 40 Experten und 670 Kunden
  • Analyse: 10 Leuchtturmprojekte in drei Ländern

Die 288-seitige Studie und der Abschlussbericht sind auf Orgprints.org frei abrufbar. Darin sind u.a. auch ein paar wertvolle Handlungstipps zum Ausbaupotenzial der Direktvermarktung enthalten.

Bevor wir auf das eingehen was wirklich zählt, nämlich konkrete Tipps und Handlungsempfhlungen, anbei noch zwei Zahlen die uns die Studie verrät:

  • 47% der befragten konventionellen Betriebe wollen ihre Direktvermarktungstätigkeiten ausbauen
  • 70% der befragten Bio-Höfe setzen in den kommenden Jahren verstärkt auf Direktvermarktung

Kommen wir nun zu den konkreten Tipps.

Welche Formen der Direktvermarktung sind vielversprechend?

FOOD-COOPS

Kooperationen und Partnerschaften werden zukünftig eine extrem wichtige Rolle spielen. Hierbei muss man sowohl vertikal als auch horizontal denken, d.h. Kooperationen innerhalb der Landwirtschaft und des Ernährungssektors (z.B. mit dem Lebensmittelhandwerk, Viehzüchtern oder Winzer) aber auch überbetriebliche Partnerschaften mit Branchen außerhalb des Agrar- und Ernährungssektors (z.B. mit Tourismusanbietern, Bildungsträgern oder Pflegeeinrichtungen).

Einerseits geht es um Sortimentserweiterung, um dadurch eine größere Markt- / Kundenabdeckung zu erzielen und andererseits, auch darum Synergien z.B. mit anderen Abteilungen zu nutzen.

„Verbunden werden auch die Schwachen mächtig.“

— Friedrich von Schiller

POWER KOMBO OFFLINE-ONLINE

In Krisenzeiten bewährt sich diese Strategie am besten: fällt Offline weg, können wir auf Online umstellen; vorausgesetzt wir sind auf Beiden präsent.

Nichts spricht gegen eine Kombination zwischen analoger Direktvermarktung quasi mit „Live“-Kundenkontakt und der digitalen Vermarktung. Im zweiten Fall können Chatbots die Kommunikation starten, um anschließend auf z.B. Skype-Anfragen oder Zoom-Meetings auszuweichen.

E-Commerce Webseiten mit integrierten Shopping Carts, Online-Bestellformularen und Payment-Methoden leisten wahre Wunder. Wer noch etwas Kleingeld hat, um in eine App zu investieren, kann zusätzlich eine weitere Onlinedistributionsplattform aktivieren.

Wichtig hierbei: die App kann selbstverständlich auch durch eine Food-Coop finanziert werden. Immer integriert denken und Synergien nutzen.

24 / 7

Wir leben in der Amazon- bzw. SOFORT-Gesellschaft. Die Menschen wollen alles sofort haben. Wie lange es gedauert hat, um eine Marke aufzubauen oder wieviel Arbeit dahinter steckt, um frisches Gemüse in den Laden zu bringen, interessiert kaum jemanden. Mit einem Klick muss alles funktionieren und wenn nicht, dann regnet es nur so mit negativen Kundenrezessionen. Wir leben in einer verrückten Welt.

Verfügbarkeit rund um die Uhr – 24 Stunden, 7 Tage lang – so die Nachfrage.

Zu den Angebotsalternativen in punkto Direktvermarktung zählen u.a. Verkaufsautomaten, Selbstpflückfelder oder Vertrauenskassen.

VERTRIEBSKANÄLE MIXEN

Wer mehrere unterschiedliche Vertriebskanäle aktivieren kann, der sollte diese Chance sehr gezielt nutzen.

Beispiele von Vertriebskanälen: Hofläden, Verkaufsautomaten, Marktschwärmereien, Drive-Ins, E-Commerce Plattformen, Apps etc.

Direktvermarktung – Mehrwert für unsere Kunden, Erlöse für Landwirte

Regionalität, Bio, Frische, Exklusivität, Authentizität, Glaubwürdigkeit … es handelt sich hierbei um viel mehr als nur ein paar Schlagwörter.

Die Studie belegt, dass Direktvermarktung bei Ökobetrieben eine weitaus höhere Bedeutung hat, als bei konventionellen Betrieben. Die Kunden von heute legen einen besonderen Wert auf Nachhaltigkeit – egal ob Bio oder konventionell, und die meisten von ihnen sind bereit das entsprechend zu honorieren.

Fällt der Zwischenhändler weg, dann können Landwirte endlich einen fairen und ehrlichen Preis verlangen, d.h. sie haben endlich die Gelegenheit die realen Produktionskosten in den Verkaufspreis zu integrieren. Der ganze Verwaltungsapparat und die unendlichen Zwischenstellen fallen weg; der Erzeuger kann nun mit dem Kunden direkt kommunizieren. Win-Win.

Ehrliche Produkte mit einer nachvollziehbaren Herkunft zu fairen Preisen – das ist ein absoluter Turbobooster in punkto Kundenbindung. Diejenigen die in ländlichen Regionen leben und über eine größere Sortimentsbreite verfügen, können die „schlechte“ Infrastruktur zu ihren Gunsten nutzen und ihre Produkte im Rahmen eines One-Stopp-Shops entsprechend präsentieren.

Die oben aufgeführten Wege, Tipps und Methoden sind nicht als absolut zu betrachten; hybride Strategien können durchaus magische Kräfte entwickeln. Die Power liegt in der Mischung.

Zuletzt noch ein Hinweis zum Lieferservice, ein Aspekt der in der obigen Studie nicht ausführlich erläutert wurde. In der Zeit von Uber Eats, Panda und Glovo lassen sich mit etwas Kreativität auch für z.B. Obst- und Gemüseanbauer tolle neue Lieferkonzepte auf die Beine stellen.

Direktvermarktung ist eine heiße Sache. Das wissen die Supermärkte und Discounter nur allzu gut. Die kommenden Jahre werden den Weg frei machen für neue Wettbewerbsfelder. Seid Ihr dafür gewappnet?

Foto: Alexas_Fotos / Pixabay.com