Das Landwirtschaftslexikon dieser Dekade
Foodscaping, Indoor Farming, vertikale Landwirtschaft, Hydroponik, Permakultur — diese Begriffe sorgen in letzter Zeit immer häufiger für Schlagzeilen in den Mainstream-Medien. Das ist gut so, denn die Art und Weise wie wir heute Landwirtschaft betreiben ist trotz der „Nachhaltigkeits-Floskel“ vieler Konzerne, nicht aufrecht zu erhalten. Es ist daher höchste Zeit, dem Landwirtschaftslexikon ein Upgrade zu verpassen.
Nachhaltigkeit – das Lieblingswort von Big Business und Big Banking hat die letzte Dekade geprägt. Selbstverständlich wurde der Begriff auch bei uns in der Landwirtschaft derart verbreitet, dass man heute keinen normalen Satz mehr aussprechen kann, ohne dieses Zauberwort zu verwenden.
Hat der Begriff seinen Zenit erreicht oder geht da noch was? Das werden wir sehen, allerdings gehe ich stark davon aus, dass wir in dieser neuen Dekade viele neue „Zauberwörter“ erfinden werden, um die eine oder andere Wahrnehmung den Massen besser zu verkaufen.
Bevor wir die von mir oben kurz aufgeführten Begriffe etwas näher durchleuchten, ein paar Trends noch vorneweg. Diese basieren vermehrt auf eigene Beobachtungen sowie zahlreiche Gespräche mit Individuen aus allerlei Berufsfeldern.
- Der massive Exodus in Richtung Big Cities was bald zu Smart Cities mutiert, scheint zum Halten gekommen zu sein.
- Die Homeoffice-Kultur führt zu einem Paradigmenwechsel, was ganz konkret heisst: weg aus den Cities und hinziehen wo es ruhig ist.
- Verzicht auf Supermarkt-Essen (Stichwort: Monokulturen) und shoppen bei regionalen Anbietern, die Wert auf Saisonalität und Co. legen.
- Garten mieten oder „sharen“, um eigenes Gemüse und Obst anzupflanzen.
- Wohnungen samt Balkons werden zu vertikale Gärten.
Das ist natürlich die eine Seite der Medaille, wo die Natur im Fokus steht und der Mensch vermehrt versucht sich mit Mutter Erde zu verbinden.
Eine völlig andere Geschichte erzählt uns Big Business. Hierbei geht’s um Laborfleisch aus dem Reagenzglas (Stichwort Kunstfleisch), Insektenburger, Mehlwürmer-Patties und Co. Auch das sind Themen, über die ich hier auf Agrarbetrieb detailliert berichtet habe.
Das Landwirtschaftslexikon bekommt ein Upgrade
In den kommenden zehn Jahren werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit immer öfter über folgende Begriffe stolpern:
FOODSCAPING. Nachbarn setzen sich zusammen und verwandeln jegliche Vorgärten und Grünflächen in essbare Landschaften, damit sie Lebensmittel teilen und tauschen können. Eine Top-Strategie um Wirtschaftskrisen und Kriege zu überstehen. Mehr dazu erfahrt Ihr in meinem Blog:
Foodscaping – eine Mini-Marktwirtschaft für kleine Gemeinden
PERMAKULTUR. Ein Begriff was über Direktsaat-Anbau und natürliches Gärtnern weit hinausgeht. Es ist eine Denkweise was mehrere Bereiche unseres Lebens umfasst. Die Kernaussage lautet wie folgt: Arbeiten mit der Natur und nicht gegen die Natur. Also nicht sinnlos irgend etwas produzieren, sondern im Einklang mit der Natur leben.
Der nachfolgende Videobeitrag verleiht einen guten Einblick in die „Geheimnisse“ der Permakultur und zeigt den Weg mehrerer Kollegen aus der Landwirtschaft. Darin zu sehen Landwirte und Gärtner aus Österreich, Australien und der USA.
VERTICAL GARDENING. Horizontal kann man nur so viel gärtnern, während es nach oben meistens immer noch jede Menge Luft gibt. So kann der eigene Balkon, die Terrasse oder der Mini-Garten mit pfiffigen selbst gemachten Pflanzenbehältern nach oben gestapelt werden. Wer auf der Suche nach weiteren Ideen und kostengünstigen Versionen für die vertikale Bepflanzung von Erdbeeren, Tomaten, Salate, Auberginen und Co. ist, wird u.a. auch bei Ikea fündig. Das schwedische Möbelhaus hatte auch diesmal den richtigen Riecher gehabt.
Die Konzepte / Begriffe VERTICAL GREENING und VERTICAL FARMING basieren auf dem gleichen Prinzip.
Folgende Beiträge darf ich Euch an dieser Stelle empfehlen:
Vertikale Landwirtschaft: Sind Hochhaus-Beet unsere Zukunft?
Go big or go home: In Japen steht die größte vertikale Farm
Asien’s grüne Metropole – Vertical Greening in Singapore
Vertical Farming: Urbane Landwirtschaft im Wolkenkratzer
INDOOR FARMING. Nicht jeder der in der Stadt wohnt hat einen Balkon oder eine Terrasse; ganz zu schweigen vom eigenen Garten. Was bleibt einem übrig, der gerne eigenes Gemüse anbauen möchte? Die Wohnung muss demnach herhalten. Das Bewusstsein für gesunde Ernährung wird immer größer. Vermehrt greifen Bürger zu Biogemüse oder suchen nach Wegen, etwas selber anzupflanzen. Wer keinerlei Freiluftflächen zur Verfügung hat, verwandelt die eigenen vier Wände in einen Gemüsegarten.
Mehr dazu in meinem Blog:
Indoor Farming – Ernte in den eigenen vier Wänden
HYDROPONIK. Es handelt sich hierbei um ein geschlossenes System, bei dem statt Erde mit Nährstoffen angereichertes Wasser für die Aufzucht genutzt wird. Die Einsparung von Ressourcen, der Verzicht auf Pestizide, das schnellere Wachstum der Pflanzen und die höheren Erträge locken immer mehr Betriebe heran.
Mehr dazu hier:
Das was hinter diesen Begriffen steckt, ist für viele Naturliebhaber nicht neu.
Wer im Einklang mit der Natur lebt, großen Wert auf seine Gesundheit und damit einhergehend auf bewusste Ernährung legt, ist in der einen oder anderen oben aufgeführten Aktivität involviert und kennt die Prinzipien dahinter.
Was neu ist, sind die englischen Begriffe und die Nuancen die verwendet werden, um generationsübergreifend eine gemeinsame Sprache für diese tollen Konzepte zu finden.
Selbstverständlich ist das Landwirtschaftslexikon weit davon entfernt ein vollständiges Upgrade erfahren zu haben. Immer wieder tauchen neue Begriffe auf und modellieren unsere Lebensweise, Kultur und Sicht auf die Realität.
Welche weiteren Begriffe würdest Du in das Landwirtschaftslexikon unbedingt aufnehmen?
Bildquelle: Foto von Katya_Ershova auf Pixabay
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!