Goodbye Plastik, hier kommen die essbaren Verpackungen aus Seegras

Goodbye Plastik, hier kommen die essbaren Verpackungen aus Seegras

Plastikmüll wo das Auge nur hinschaut. Zwar bringen wir die PET-Flaschen für das Pfandgeld zurück aber der Rest bleibt buchstäblich auf dem Strassenrand liegen. Wie wär’s mit einer biologisch abbaubaren und obendrauf auch noch essbaren Verpackung? Wie wär’s mit einem Plastik das auf natürlicher Weise verschwindet?

Nicht möglich?

Von wegen…

Ein Londoner Start-up macht genau das möglich. Das Unternehmen Skipping Rock Labs hat ein gelartiges, essbares Membran bestehend aus einem Gemisch aus organischen Zusätzen entwickelt, um das lästige Thema „Einwegplastik“ in die Ecke zu drängen. Notpla, so der Name dieses Membrans, besteht größtenteils aus Seegras, u.z. der Hauptanteil ist die Braunalge.

„Es ist eine der Ressourcen, die am häufigsten vorkommt“, sagt Rodrigo Garcia, Mitbegründer von Notpla. „Eine der Algen, die wir verwenden, wächst bis zu einem Meter pro Tag. Können Sie sich vorstellen, dass etwas so schnell wächst? Man braucht keinen Dünger und kein Wasser, und es ist eine Ressource, die wir schon seit langem nutzen.“

— Rodrigo Garcia, Mitbegründer von Notpla gegenüber Business Insider

Quelle: Business Insider

Wie sieht die derzeitige Lage auf dem Plastikmarkt aus?

Zwar bedienen wir uns heute schon sog. Bioplastik-Tüten und Co. beispielsweise in den Supermärkten, aber was die wenigsten wissen, ist dass viele dieser Materialien einerseits aus Erdöl hergestellt werden und andererseits auch nicht biologisch abbaubar sind.

Die derzeitige Definition die wir haben ist demnach eine Attrappe. Auf der Webseite des WWF lesen wir nämlich folgendes:

„Als Biokunststoff werden also auch Materialien bezeichnet, die zwar organisch hergestellt werden, aber nicht biologisch abbaubar sind. Ebenfalls als Biokunststoff gelten Materialien, die zwar biologisch abbaubar sind, aber aus Erdöl bestehen.“

WWF Deutschland

Werden wir hier also alle auf die Schippe genommen?

Bevor ich Euch ein paar Zahlen um die Ohren haue, kurz noch ein Hinweis:

Ich habe vor wenigen Wochen einen Artikel über Bioplastik aus Pflanzenabfälle und unerwünschte Lebensmitteln veröffentlicht, den ich Euch an dieser Stelle ans Herz legen würde. Die hier aufgeführten Materialien beinhalten 0% Mikroplastik und 0% Erdöl basierte Bestandteile.

Nun zu den Zahlen…

In 2019 ist die 5. Auflage des Plastikatlas erschienen, was ganz interessante Daten und Fakten über die Welt der Kunststoffe enthält.

  • 99% des Plastiks werden aus fossilen Brennstoffen wie Kohle, Öl und Gas hergestellt.
  • Die Plastikindustrie in den USA plant ihre Produktion in den kommenden Jahren um 30% zu steigern.
  • Zwischen 1950 und 2015 wurden weltweit 8,3 Milliarden Tonnen Plastik produziert.
  • Die Verschmutzung von Böden und Binnengewässern ist je nach Umgebung zwischen 4 bis 23-mal so hoch wie im Meer!
  • In 2018 wurden in der EU für Essen und Trinken mehr als 1,13 BILLIONEN Verpackungen verwendet.
  • Eine Handvoll multinationaler Konzerne kontrolliert den globalen Plastikmarkt.
  • Ineos ist der größte europäische Plastikkonzern. Das Unternehmen investiert Milliarden, um mit billigem Fracking-Gas aus den USA den europäischen Plastikmarkt anzuheizen.
  • Sind die Deutschen tatsächlich Weltmeister im Recycling? In 2017 wurden von 5,2 Millionen Tonnen Kunststoffabfällen nur 810.000 Tonnen wiederverwertet. Das entspricht 15,6%.
  • Deutschland ist der 3-größte Exporteur von Plastikmüll wenn wir Asien ausklammern. An erster Stelle befinden sich die USA gefolgt von Japan.

Das 52-seitige PDF-Dokument könnt Ihr kostenlos auf der Webseite der Heinrich Böll Stiftung herunterladen.

Was macht das Plastik aus Notpla so besonders?

Das neuartige an dem Plastik aus Notpla ist die Kombination biologisch abbaubar UND essbar.

Die beiden Absolventen des Imperial College of London sowie des Royal College of Art, Rodrigo Garcia Gonzalez und Pierre Paslier, die auch die Mitbegründer von Skipping Rock Labs sind, haben sich in 2013 mit einem viralen Video ihrer Verpackung Ooho etabliert. Dieses Video hat die Aufmerksamkeit des größten europäischen Investors für Klimainnovationen EIT Climate-KIC auf sich gezogen.

Quelle: Mashable

Egal ob bei großen Events wie z.B. dem Londoner Marathon aus 2019 oder im Supermarkt, bei Lieferketten und Restaurants, Ooho ist als Beutel für Flüssigkeiten, Soßen und Cocktails geeignet. Laut Unternehmensangaben ist Ooho essbar, geschmacksneutral, zum Einfrieren geeignet und zersetzt sich binnen 4-6 Wochen.

Haben die beiden kreativen Jungs aus London endlich eine Alternative zum „bösen“, nicht abbaubaren Plastik gefunden?

Es gibt noch einige Punkte zu klären, wie z.B. das Hygieneproblem beim direkten Kontakt mit dem essbaren Membran. Die größte Hürde ist sicherlich die Listung im Lebensmitteleinzelhandel, denn das gilt als Heimspiel der Plastikkonzerne.

Die ersten erfolgreichen Schritte sind getan und die Kooperation mit dem Lieferdienst Just Eat ist auf jeden Fall von sehr großer Bedeutung für die zukünftige Entwicklung des Start-ups.

„Es geht um die Wirkung. Wir haben damit begonnen, weil wir Teil einer Lösung für diese Plastikkrise sein wollten. Das ist es, was das ganze Team antreibt“, sagt Mitbegründer Pierre Paslier. „Es ist also ein wirklich spannendes Problem, an dem wir arbeiten.“

— Pierre Paslier, Mitbegründer von Notpla gegenüber Business Insider

Erleben wir endlich einen gewaltigen Ruck durch unsere Gesellschaft oder tümpeln wir weiter vor uns hin und erlauben den Plastikkonzernen uns weiterhin ungeniert an der Nase herumzuführen?

Bildquelle: Foto von Anna Shvets auf Pexels

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