2022-11 Green Care Bauernhof statt Altersheim

Green Care: Bauernhof statt Altersheim

In einer schnelllebigen Welt, in der das Idealleben gerne auf den vielfältigen, sozialen Netzwerken dargestellt wird, geraten die Älteren unter uns scheinbar in Vergessenheit. Viele Senioren fühlen sich auf den „Gleisen“ abgestellt und suchen nach Anschluß in einer Gesellschaft, die sie nicht immer ernst nimmt. Dabei ist nicht jeder von ihnen bereit, alles hinzuschmeißen und sein Lebensalter auf einem Sessel vor dem Fernseher zu verbringen. Sie bevorzugen „vitalere“ Alternativen, welchen ihnen ermöglichen, noch aktiv am Leben teilzunehmen. Da kommt ihnen das Konzept des Green Care wohl sehr entgegen. Denn hier geht’s nämlich auf den Bauernhof anstatt ins Altersheim.

Dass die klassischen Altersheime nicht jedermanns Geschmack treffen, ist klar. Zwar bemühen sich viele Häuser und Vorstände neue Konzepte und Ideen in die traditionelle Herangehensweise einzubetten, aber damit können sie den Markt bei Weitem nicht abdecken.

Für Senioren, die aktiv am Leben teilhaben und sich in einer Familie integriert fühlen möchten, sind Altersheime keine Lösung. Zum Glück blühen immer mehr Senioren-Wohngemeinschaften auf Bauernhöfen. Egal ob in Deutschland, Österreich, Niederlanden, Norwegen oder der Schweiz, immer mehr Bauernhöfe erweitern ihre Dienste und empfangen Senioren bei sich auf dem Land.

Was spricht dafür? Wieso zieht es Senioren vermehrt auf einen Bauernhof? Ist Green Care eine tragfähige Lösung, um das massive Höfesterben aufzuhalten und gegebenenfalls diesem auch entgegen zu wirken?

Green Care bietet einen Lebensabend in familienähnlichen Strukturen

Neulich forschte ich im Archiv des ZDF und stoß dabei auf eine sehr interessante Dokumentation aus dem Jahr 2020. Es ging nämlich um mein heutiges Thema, auf den Bauernhof statt ins Altersheim zu ziehen. In der halbstündigen Doku werden neun Senioren ein halbes Jahr lang auf dem Anwesen von Familie Müller (Hofbesitzer) begleitet.

Die Betriebsleiterin Andrea Müller (56) ist täglich für das Kochen zuständig. Der Sohn Manuel übernimmt die Arbeit auf dem Land und träumt davon, mit seiner Ehefrau die Idee des Senioren-WGs zu übernehmen und zukünftig ebenfalls Seniorenwohnungen im Dorf anzubieten.

Die Doku kann ich jedem empfehlen, der ein bisschen hinter die Kulissen dieses Konzepts blicken möchte. Sie ist wirklich sehenswert.

Hier geht’s zur ZDF Doku.

Dass ein Leben auf dem Land, umgeben von Pflanzen und Tieren, viele Vorteile mit sich bringt, ist wohl allgemein bekannt. Wie wichtig die Sonne und das Aufhalten draußen an der frischen Luft sind, ist kein Geheimnis und lernt man wohl üblicherweise bereits von Kindesbeinen an. Wenn wir das regionale und saisonale Essen bzw. die familienähnlichen Strukturen dazu zählen, haben wir ein perfektes „Gesundheitspaket“ für ein angenehmes Leben unabhängig vom Alter.

Welche Vorteile bringt denn Green Care für die Senioren mit sich?

  • Kosten: Diese sind wesentlich geringer als im Altersheim.
  • Eigenständigkeit: Wer fit ist, kann auf dem Bauernhof anpacken; wer lieber mit dem Hund spazieren mag, kann dies ebenfalls problemlos tun. Jeder kann sich einbringen, die Aktivitäten sind vielfältig.
  • Lebensqualität: Die Seele mitten in der Natur baumeln lassen.
  • Pflege: Bei Bedarf wird ein Pflegedienst hinzu gezogen.

Senioren-WGs auf dem Bauernhof – Eine Lösung gegen Höfesterben?

Das Höfesterben-Phänomen hat uns voll eingeholt. Die Superreichen und großen Agrarunternehmen machen keinen Hehl mehr daraus, dass sie so viel Land wie möglich kaufen wollen — und dies auch konsequent tun. Während sie problemlos Millionen und Milliarden in neue Technologien, Landmaschinen und Co. investieren können, sehen sich andererseits immer mehr Familienbetriebe gezwungen, ihre Pforten zu schliessen. Das, was Generationen mit viel Mühe, Liebe und Leidenschaft aufgebaut haben, verpufft vor ihren weinenden Augen.

Dabei versucht jeder, gegen diesen Trend so gut wie möglich dagegen zu steuern bzw. mitzugehen, wie er nur kann. Die einen probieren neue Getreide- und Pflanzensorten, die anderen gestalten ihre Bauernhöfe in sogenannten Ferienresorts um, während eine kleine, aber stetig wachsende Zahl mutiger Landwirte auf Green Care umsteigen.

Selbstverständlich wird auf den Green Care Bauernhöfen keine Viehzucht oder Landwirtschaft nach alter Tradition betrieben, d.h. Hunderte von Tiere, die gefüttert und gemolken werden müssen oder Schlepper, die tagein tagaus ihre Runden drehen, um den Boden zu bearbeiten. Es handelt sich hierbei vielmehr um kleine, „schnuckelige“ Bauernhöfe, auf denen man gemeinsam zu Abend isst, Geburtstage zusammen feiert und das Leben in einer Großfamilie zelebriert.

Insbesondere Senioren, die aktiv sind und auf dem Bauernhof anpacken bzw. kleine Tätigkeiten im Haus erledigen können, sind auch eine echte Hilfe für die Bauernhöfe und für die Dörfer insgesamt. Im Zuge des demographischen Wandels, durch welchen es die jungen Generationen vermehrt in die großen Städte zieht, in denen das Singleleben als eine attraktive Lebensform vermarktet wird, ist dieser Gegentrend sicherlich eine äußerst interessante Idee, um die Dörfer wieder zu beleben und dem Leben auf dem Land einen neuen Sinn zu geben.

Für mich persönlich ist es noch kein Konzept, mit welchem ich mich aktuell auseinandersetze, jedoch wollte ich darüber berichten, um das Bewusstsein für solche, von der heutigen Normalität abweichende, Möglichkeiten zu schaffen und Menschen aus allen Lebensphasen über das Konzept des Green Care zu informieren. Wer weiss, welche innovativen Ideen noch umgesetzt werden und wofür sich jeder von uns eines Tages entscheidet. Für mich persönlich spricht als naturbegeisterter Landwirt selbstverständlich alles für einen Bauernhof.

Bildquelle: Foto von Jake Heinemann auf Pexels

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