Landwirtschaftliche Nische Direktvermarktung

Landwirtschaftliche Nische als Zukunftschance

Während die Herausforderungen in der konventionellen Landwirtschaft steigen, schauen sich Landwirte nach neuen Wegen um. Ist die landwirtschaftliche Nische ein Weg zu mehr Einkommenssicherheit?

Die Politik berät, ich welcher Höhe Dürrehilfen an die von der lang anhaltenden Trockenheit geplagten Landwirte gezahlt werden sollen.

Einige Landwirt überlegen, wie es nach den diesjährigen Ernteschäden weitergehen soll.

Seit Jahren nimmt die Größe der landwirtschaftlichen Betriebe zu, dies ist keine Neuigkeit:

Waren es 1970 noch 1.146.900 Betriebe mit einer durchschnittlichen Größe von 11,1 Hektar, gab es in Deutschland 2016 nur noch 275.400 Betriebe mit einer Größe von 60.5 Hektar.

Gleichzeitig ist die Anzahl der in der Landwirtschaft Erwerbstätigen rapide gesunken. Neue Produktionstechniken haben die intensive Handarbeit mehr und mehr abgelöst. Ein Trend, der weiter anhält.

Quelle: Bundesministerum für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL): „Landwirtschaft verstehen – Fakten und Hintergründe“

Kapitalintensiv und risikoreich

Die Entwicklung in Betriebsgröße setzt Landwirte jedoch einem neuen Risiko aus: moderne Landwirtschaft ist kapitalintensiv.

Große Flächen, große Tierbestände, große Maschinen … das Einkommen um einen Hof zu finanzieren muss über die Menge reinkommen.

Eine risikoreiche Anlagestrategie, denn in unserem Wirtschaftszweig, werden Absatz und vor allem Preise von vielen Faktoren bestimmt, die nicht in der Hand des Landwirts liegen.

Lebensmittelpreise werden auf dem globalen Markt bestimmt. Regionale Ausfälle können einfach kompensiert werde und beeinträchtigen nicht die Preise. Nur über die Massenproduktion von Lebensmitteln lassen sich nachgefragtes Angebot und geforderter (Niedrig-)Preis anbieten.

Zwar reden die Konsumenten, dass sie regionale, nachhaltig produzierte, qualitativ hochwertige und vielfältige Lebensmittel kaufen möchten. Wenn es beim Lebensmittelkauf ums Bezahlen geht, zeigt sich: Reden ist nicht Handeln.

Betrachtet man die gesamte Wertschöpfungskette ist klar: Landwirte profitieren dabei am wenigsten von ihrem Produkt.

Das Geld wird in der Weiterverarbeitung und in der Vermarktung gemacht. Hier stehen unter anderem Konzerne ganz vorne, die von den aktuellen Strukturen zu den größten Profiteuren gehören.

Eine Folge der Entwicklung ist, dass nicht mal mehr die Hälfte der Landwirte hauptsächlich in der Landwirtschaft tätig ist.

Landwirtschaft ist vorwiegend ein Nebenerwerb.

Wer hauptsächlich Landwirt ist, der brauch neben dem Kerngeschäft eine profitable landwirtschaftliche Nische.Es gilt neben dem Pflanzenanbau oder der Tierzucht eine Einkommensquelle zu finden, die nicht so starken äußeren Interessengruppen unterworfen ist.

Eine landwirtschaftliche Nische, in welcher der Landwirt wieder mehr Gestaltungsspielraum bei Absatz und vor allem beim Preis ausüben kann, scheint der perfekte Weg zu einem weiteren Standbein und zur Risikoabsicherung zu sein.

Landwirtschaftliche Nische – mit Diversifikation zur Einkommenssicherheit

Als Zusatzeinkommen und zur Risikostreuung – die landwirtschaftliche Nische kann langfristig die Existenz von landwirtschaftlichen Betrieben sichern.

Dieses Aufbauen von zusätzlichen Einkommensquellen wird auch als Diversifizierung bezeichnet. 3 Wege kann man hierbei einschlagen:

  • Horizontal: Ausweitung der Produktion auf gleicher Leistungsstufe, d.h. das neue Produkt steht im direkten Bezug zur aktuellen Landwirtschaft.

Zum Beispiel: Ein Obstbauer, der bisher nur Äpfel produziert hat, bietet zukünftig auch Pflaumen an.

  • Vertikal: Aufnahme von weiteren Produkten in der Wertschöpfungskette, sprich Produkte, die der aktuellen landwirtschaftlichen Tätigkeit vor- oder nachgelagert sind.

Zum Beispiel: Statt nur die frischen Früchte zu verkaufen, produziert der Landwirt aus seinen Früchten Likör.

  • Lateral: die neuen Produkte stehen in keinem Zusammenhang zur bisherigen landwirtschaftlichen Tätigkeit

Zum Beispiel: der Obstbauer fängt an, Ziegen für die Produktion von Ziegenmilch zu halten.

Diese drei Wege bilden den Rahmen für erheblichen kreativen Spielraum beim Nebenerwerb.

Natürlich besteht auch die Möglichkeit, das Hauptgeschäft komplett auf eine landwirtschaftliche Nische auszurichten.

Die Marillen-Macher – Das Glück liegt in der Nische

Quelle: Südtirol bewegt – Alto Adige da vivere

Um das passende Nischenprodukt für Eure Landwirtschaft zu finden, heißt es zunächst, den Markt gründlich zu analysieren.

Recherche, Recherche und mehr Recherche

Es gilt Informationen zu sammeln, nicht nur über den potenziellen Absatzmarkt, sondern auch über das Produkt selbst.

Nicht zuletzt muss geklärt sein, ob und wie das Produkt wirtschaftlich gewinnbringend erzeugt und an den Mann gebracht werden kann. Hierfür ist es wichtig, dass sich das neue Produkt in die bisherigen Abläufe der Landwirtschaft eingliedern lässt.

Nehmt mich: ich liebe zum Beispiel meine Zuckerrüben. Als zusätzliche Standbeine hab ich mich in den letzten Jahren jedoch auch auf Blumen, Wildkräuter und Aronia spezialisiert.

Dies erfolgte nicht über Nacht. Bevor der Anbau erfolgte, hab ich viel, viel Zeit in die Recherche investiert. Ich hab bei anderen geschaut, wie es funktionieren kann und meine eigenen Ideen auf Markttauglichkeit geprüft.

Der Einstieg in eine landwirtschaftliche Nische wird in der Regel eine größere Anfangsinvestition benötigen, die sich nicht sofort amortisieren lässt.

Mein Tipp: plant eine Anlaufzeit ein.

Es wird nicht alles von Anfang an stehen. So muss sich die Vermarktung erst aufbauen. Euer Know-how wird sich erst in der Praxis verfestigen.

Bei Aronia beispielsweise ist bekannt, dass man im ersten Jahr nicht mit einer allzu großen Ernteausbeute rechnen sollte. Aber hier ist ein wichtiges Stichwort: die Vermarktung.

Die landwirtschaftliche Nische vermarkten

Marketing ist das A und O.

Ich kann Euch nur empfehlen, frühzeitig damit anzufangen, Euer Produkt zu vermarkten. Mögliche Absatzwege und Endprodukte habt Ihr Euch sicherlich schon in der Marktanalyse überlegt.

Um auf das obige Beispiel im Video zurückzukommen: es ist nicht damit getan, die Marille anzubauen, und die Früchte zu ernten.

Ihr habt hier eine Menge Möglichkeiten und Ideen umgesetzt gesehen:

  • Diversifikation bei den Produkten: frische Früchte, Marmelade, Likör, Senf, …
  • Diversifikation bei den Absatzwegen: auf dem Markt, über Hofladen und auch Gastronomie, strategische Partnerschaften etwa mit der lokalen Fleischerei …

Und dies sind nur einige Möglichkeiten.

Insbesondere die Online Vermarktung – von der eigenen Webseite, ggf. mit einem eigenen Online-Shop, bis hin zur Vermarktung über Social Media Kanäle – bietet viele Möglichkeiten.

Die Wege und Methoden sind vielfältig und ändern sich stetig. Die Basis bleibt die Gleiche: es geht immer um den Aufbau von langfristigen und vertrauenswürdigen Beziehungen.

Und wie in der Landwirtschaft auch: es geht nicht über Nacht.

Man plant, setzt die Saat, hegt und pflegt die wachsenden Pflanzen bevor man ernten kann. Es ist ein ständiger Prozess, der stetig angepasst wird. Nix Neues quasi.

Die Direktvermarktung bringt einen erheblichen Vorteil mit sich, denn sie ist ein wesentlicher Faktor für die Gewinnspanne von Eurem Nischenprodukt.

In der konventionellen Landwirtschaft wird an kommerzielle Abnehmer verkauft. Die Preise werden kaum vom Landwirt bestimmt. Politik, auf nationalem und internationalem Level, globale Wirtschaftsfaktoren und kommerzielle Großabnehmer, ob Supermarktkette oder Konzerne, legen die Preise fest.

In der Nische darf der Landwirt jedoch kreativ sein. Er hat Einfluss und Kontrolle über die beiden Bereiche, die das Geld einbringen:

  • die Wertschöpfung, sprich Herstellung von gewinnbringenden Produkten und
  • die Vermarktung, d.h. den Absatz der Produkte.

Die landwirtschaftliche Nische ist für Landwirte sicher ein Weg, die Wertschöpfung wieder zurück auf den Bauernhof zu bekommen.

Durch die Direktvermarktung eigener Produkte an den Konsumenten werden die Zwischenstufen, die alle ihren Profit verdienen möchten, ausgeschaltet.

Sicherlich ist die landwirtschaftliche Nische auch ein Weg, um in die Landwirtschaft einzusteigen. Machen wir uns nichts vor: eigentlich ist die Landwirtschaft eine Branche, mit einer eher schlechten Kapitalverzinsung.

Traditionell wird man eher Landwirt, weil man mit der Landwirtschaft groß geworden ist. Neulinge von „außen“ sind in der konventionellen Landwirtschaft eine Ausnahme.

Aber innovative Existenzgründer „von außen“ können vielleicht auch für neuen Wind in der Branche sorgen.

In der landwirtschaftlichen Nische unterwegs zu sein, erfordert kreatives Denken und Mut für Neues. Und hier zeigt sich nochmals, welches Allround-Talent man als Landwirt sein muss:

wer innovative Produkte direkt vermarktet, muss nicht nur ein Experte in landwirtschaftlicher Theorie und Praxis sein. Er muss vor allem auch ein Vermarktungskünstler sein.

Wie sehen Eure Erfahrung zum „Start-up“ auf dem Land aus: ist die Investition in eine landwirtschaftliche Nische eine Zukunftschance gegen das „Bauernsterben“ in der Branche?

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