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2023-10 Goodbye Flugobst und -gemuese - Agrarbetrieb

Goodbye Flugobst und -gemüse

Unsere Nachbarländer haben es uns bereits vorgemacht und jetzt tun wir es auch. Wir verzichten auf den Import von Obst und Gemüse per Flugzeug. Lidl nutzt den Klimawandel als Argument für seine Entscheidung. Goodbye also, Papaya und sonstiges Flugobst und -gemüse.

Erst die Schweiz, dann Österreich und zuletzt die Niederlande — in diesen Ländern bietet Lidl kein fliegendes Obst und Gemüse mehr an. Nun verzichtet der Discounter auch bei uns gänzlich auf Exoten, die per Luftfracht importiert wurden. „Flugware weg“ bedeutet jedoch nicht, dass Importe per Schiff oder LKW nicht weiter zugelassen werden. (Quelle: Lebensmittel Zeitung)

Was heißt das konkret?

In erster Linie werden die Regale, insbesondere in der Winterzeit, wesentlich übersichtlicher. Man setzt auf heimisches Obst und Gemüse, d.h. Papayas, Sternfrüchte, Physalis und Co. werden durch Lageräpfel und -birnen ersetzt.

Zweitens rücken durch diese Entscheidung, Saisonprodukte vermehrt in den Fokus. Inwieweit die heimischen Landwirte davon profitieren werden, kann ich nicht sagen.

Interessanterweise betrifft der Klimawandel nur die Warengruppe „Obst und Gemüse“, denn Blumen dürfen merkwürdigerweise weiterhin aus jedem Teil der Welt per Flugzeug eingeflogen werden. Hauptsache sie sind frisch.

Demnach dürfen wir uns bei Obst und Gemüse weiterhin auf Produkte, die eine längere Haltbarkeit haben, freuen; so wie es etwa der Fall bei Bananen ist, die uns per Schiff erreichen.

Quelle: Videobeitrag von Oli, YouTube

Wer profitiert von der neuen „Kein Flugobst“- /“Kein Fluggemüse“- Politik?

Bei solchen Entscheidungen müssen wir uns immer wieder die Frage nach den Profiteuren stellen. Und die Antwort hierauf ist in diesem Falle gar nicht so einfach. Ganz im Gegenteil, erst kommen einem die Verlierer in den Sinn.

Einerseits, sind dies die Verbraucher mit knappen Geldbeuteln, die extra beim Low-Cost-Discounter einkaufen, um möglichst viele Produkte (u.a. auch Südfrüchte) billig einzukaufen. Andererseits, verhindert Lidl durch seine Entscheidung auch in weniger entwickelten Ländern den Zugang zu Flugobst und -gemüse.

Sowohl der deutsche Verbraucher als auch wir Landwirte bzw. kleine landwirtschaftliche Familienunternehmen profitieren nicht von dieser Entscheidung und das, obwohl wir Saisonprodukte aus der heimischen Produktion auch befürworten.

Es stellt sich also weiterhin die Frage, wer die finanziellen Profiteure sind:

Die Exporteure, die den Transport von Waren per Schifffahrt und LKW anbieten?

Die großen Agro-Konzerne, die ihre Monokulturen verstärkt auf den Markt pushen?

Oder Großinvestoren, die ihre Ländereien an Lidl, Aldi und Co. zum Weiterverarbeiten verpachten?

Nachhaltigkeit geht auch anders

Klimawandel und CO2-Reduktion als Hauptargumente zu verwenden, um eine Warengruppe „auszulisten“, ist mehr als unglaubwürdig. Wenn, dann müsste das konsequent über alle Produkte und Warengruppen durchgesetzt werden, ohne Ausnahmen. D.h. dann, dass es auch beispielsweise keine frischen Blumen mehr gibt, die einen Tag zuvor per Flieger geliefert worden sind.

Nachhaltigkeit geht auch anders. Frische, regionale Produkte, Bio- und Saisonprodukte aus der heimischen Produktion wären hierfür das A und O. Einen Vertrag mit Lidl abzuschließen ist aber für viele landwirtschaftlichen Familien ein Ding der Unmöglichkeit. Aber auch hier könnte wohl man mittels Genossenschaften und sonstiger Zusammenschlüsse sehr viel erreichen.

In den Großstädten können wir auf Konzepte wie z.B. Urban Farming oder Vertical Farming zurückgreifen. Beispiele hierzu gibt es zu Genüge. Etwa den 14.000 Quadratmeter großen Bauernhof auf einem Dach in Paris, von welchem die Haushalte und Restaurants in der französischen Hauptstadt mit Obst und Gemüse beliefert werden.

Folgende Beiträge zu diesem Thema könnten für Dich hierzu von Interesse sein:

Ich gehe davon aus, dass wir diesen „Trend“ der Auslistung von Lebensmitteln und sonstigen Waren, die per Flieger eingeflogen werden und im Discounter sowie Supermarkt verkauft werden, verstärkt erleben werden. Es bleibt spannend, zu beobachten, ob diese Vorgehensweise auch im Textilbereich oder in der Elektronikbranche angewandt wird. Letztendlich sollte das Thema „Klimawandel“, wenn überhaupt, wohl warengruppenübergreifend betrachtet werden. Alles andere sorgt für Kopfschütteln und Misstrauen.

Was hältst Du von Lidl’s neuer Strategie? Ist es sinnvoll auf Flugobst und -gemüse zu verzichten?

Bildquelle: Foto von Abet Llacer auf Pexels

2023-09 Lachs und Steak aus dem 3D-Drucker - Agrarbetrieb

Lust auf Lachs und Steak aus dem 3D-Drucker?

Künstliches Fleisch bzw. Fleisch aus dem Reagenzglas oder dem 3D-Drucker sowie „leckere“ Fleischprodukte auf pflanzlicher Basis sollen uns bei der Bekämpfung des Klimawandels helfen, so zumindest die Charta einiger, globaler Organisationen.

Mal heißt es, die Tierhaltung setzt zu viele Treibhausgase frei, dann wiederum wird die Autoindustrie als Buhmann herangezogen. Ach ja, dann ist noch die steigende Weltbevölkerung, die als Plage gesehen wird. Einerseits werden durch diese lästigen Diskussionen wohl die ernsteren Probleme der Menschheit ignoriert, andererseits werden Lösungen präsentiert, wie z.B. Mahlzeiten, die aus Mehlwürmer, gegrillten Heuschrecken oder Maden bestehen, ohne Rücksicht auf die Konsequenzen (bspw. schlimme Allergien) zu nehmen.

Ein weiterer Lösungsansatz, an dem derzeit viele globale Bio-Tech-Startups arbeiten, sind Fisch- und Fleischprodukte aus dem 3D-Drucker. Dabei kommen pflanzliche Proteine zur Verwendung, die mit Hilfe eines Lasers so geformt werden, dass sie strukturell und geschmacklich so ähnlich wie möglich ans Original kommen.

Man versucht es also erneut und ignoriert dabei die gescheiterten Versuche von Firmen, wie z.B. „Impossible Burger“ und „Beyond Meat“, die mit ihren Imitaten aus Soja-, Bohnen- und Erbsenproteinen gänzlich gescheitert sind. Trotz der massiven finanziellen Unterstützung von Großkonzernen und Milliardären wie z.B. Jeff Bezos, Bill Gates und Richard Branson sowie bemerkenswerter Deals mit Fast-Food-Franchises wie „McDonald’s“ und „Burger King“, blieb das erwartete und vielversprechende Burger-Erlebnis völlig auf der Strecke. Die Verkaufszahlen stimmten vorne und hinten nicht, und somit mussten diese Angebote eingestellt werden.

Mehr dazu gibts hier:

Impossible Burger 2.0: fleischfrei, cholesterolfrei, glutenfrei

Zukunftsessen: Leckeres aus Stammzellen

Food-Trends: Fleisch aus dem Reagenzglas

Jetzt versucht man das Ganze mit dem 3D-Drucker aufzupeppen.

Fisch- und Fleischangebote aus dem 3D-Drucker

Wir brauchen mit dem Finger diesmal nicht auf den amerikanischen Kontinent zeigen, denn diesmal gibt’s die 3D-Drucker Leckereien bei uns in Deutschland und Österreich in den Regalen.

ÖSTERREICH

Starten wir mit unserem Nachbarland Österreich, in dem bei Rewe / Billa ab sofort veganes Lachsfilet aus dem 3D-Drucker angeboten wird.

Das Wiener Startup „Revo Foods“ erhielt Förderungsmittel in Millionenhöhe, um das aus Pilzproteinen hergestellte Fischfilet nun an den Mann zu bringen. „THE FILET – Inspired by Salmon“ soll in Geschmack, Konsistenz und Zubereitung möglichst an das Original herankommen.

Die Zusammenarbeit mit der schwedischen Firma „Mycorena„, die auf die Herstellung von Pilzproteinen spezialisiert ist, hat sich gelohnt. Anders als bei der üblichen Lachs-Zucht benötigt man bei der Zucht von Pilzproteinen weniger Ressourcen. Auch die Emissionen fallen geringer aus.

Das in 2020 gegründete österreichische Biotech-Unternehmen bietet zwar bereits veganen Räucherlachs und Thunfisch-Aufstrich im Lebensmittelhandel an, aber dies ist der erste Vorstoß in das Segment der 3D-gedruckten Steaks und Filets.

DEUTSCHLAND

Kommen wir nun zurück zu uns nach Deutschland. Natürlich bleiben wir bei derartigen Innovationen nicht auf der Strecke. Hierzulande präsentiert das in 2018 gegründete israelische Unternehmen „Redefine Meat„(mit dem Slogan „New Meat, No Compromises“ („Neues Fleisch, ohne Kompromisse“)) ein Filetsteak aus dem 3D-Drucker.

Ähnlich wie der Lachs aus dem 3D-Drucker basiert das 3D-gedruckte Steak auf rein pflanzliche Zutaten. Der Drucker für das künstliche Fleisch, das ab sofort für alle Restaurants in Deutschland zur Verfügung steht, befindet sich in den Niederlanden. Neben Steaks produziert die Firma auch Hackfleisch, Würstchen, Burger Patties und Pulled Pork. Monatlich können bis zu 500 Tonnen künstliches Fleisch hergestellt werden.

Und so sieht bzw. schmeckt das Steak, wenn es mal beim Endkonsumenten angekommen ist. Klaus hat das Steak aus dem 3D-Drucker von „Redefine Meat“ mal getestet und einen Videobeitrag darüber erstellt:

Quelle: Klaus grillt, YouTube

Würdest Du ein Steak aus dem 3D-Drucker probieren?

Das Restaurant ASH in Oberhausen (NRW) bietet diese Neuheit heute bereits an. Ob und wann die Steakhaus-Kette ihre Karte auch an den anderen Standorten um dieses Produkt erweitern wird, steht noch aus.

Ich bin äußerst gespannt darauf, wie die Konsumenten weltweit auf diese doch recht bizarre Innovation reagieren werden. Die Tatsache, dass die veganen Burger trotz massiven Werbemaßnahmen ein derartiger Flop waren, deutet darauf hin, dass es mit den Steaks und Co. aus dem 3D-Drucker nicht ganz so funktionieren wird, wie sich das die großen Institutionen und Investoren vorstellen.

Der Trend in Richtung Biofleisch und hochwertige Produkte aus der Region, die nachhaltig hergestellt wurden, ist unaufhaltsam. Während wir bei diesen Lebensmitteln mehr oder weniger wissen, was wir essen, werfen diese neuartigen Produkte recht viele Fragen auf, auf welche wir noch keine Antworten erhalten haben. Es gibt keine wissenschaftlichen Daten und Studien die besagen, dass Filets, Steaks und Co. aus dem 3D-Drucker keine Allergien oder sonstige gesundheitliche Probleme bei Menschen, die sie konsumieren verursachen.

Würdest Du ein Lachsfilet oder ein Stück Steak aus dem 3D-Drucker konsumieren?

Bildquelle: Foto von Gonzalo Guzman auf Pexels

2023-08 Der erste weitgehend automatisierte McDonald’s ist da - Agrarbetrieb

Der erste, weitestgehend automatisierte McDonald’s ist da

Ende letzten Jahres ist in Fort Worth, Texas (USA), der erste, weitestgehend automatisierte McDonald’s in Betrieb gegangen. Im amerikanischen Bundesstaat Texas, in welchem der Mindeststundenlohn seit nunmehr zehn Jahren unverändert auf dem gleichen Niveau von 7,25 US-Dollar liegt, sorgt diese Initiative für sehr viel Zündstoff. Wie lange dauert es wohl noch hier, in Europa bzw. Deutschland, bis uns die große Ehre zuteil wird, von einem Roboter serviert zu werden?

„Das goldene M“, „die goldenen Arkaden“ oder ganz einfach „Meckes“, wie wir es so liebevoll hierzulande benennen, sorgt immer wieder für Schlagzeilen. In den Vereinigten Staaten ist das Unternehmen für seine schlechte Lohnzahlung bekannt. Pro Stunde verdient ein Mitarbeiter weniger als 15 US-Dollar, vielerorts sogar unter 10 US-Dollar. Laut einem aktuellen Bericht des Institute for Policy Studies aus dem Jahr 2021 ist McDonald’s eines der 300 börsennotierten Unternehmen mit den niedrigsten Durchschnittslöhnen. (Quelle: IPS-Studie, EPI Wage Tracker)

Kommen wir nun zu diesem neuen Testrestaurant und werfen einen Blick auf die Fakten:

  • Das Restaurant ist kleiner als ein typischer McDonald’s und richtet sich vorwiegend an Kunden, die außerhalb, also unterwegs essen.
  • Die Bestellung erfolgt entweder an einem Touchscreen-Kiosk in der Filiale oder per App.
  • Die Abholung erfolgt über die Nutzung einer Drive-Through-Spur oder alternativ durch die Ausgabe über ein Förderband, welches eine sogenannte „Order Ahead Lane“ als neue Funktion nutzt.
  • Der Laden ist nicht jedoch vollständig automatisiert. Es soll dennoch weiterhin ein Team vor Ort beschäftigt sein, das mit dem einer herkömmlichen Filiale vergleichbar sei.

Was die Meinungen zum neuen Testkonzept angeht, so könnten diese nicht stärker voneinander abweichen. Während der Konzern den Prozeß als „nahtloser als je zuvor“ bezeichnet, ist die Idee eines kostspieligen, automatischen Restaurants ein Dorn im Auge für die Aktivisten. (Quelle: The Guardian)

Wie das ganze Konzept nun in der Praxis aussieht, sehen wir uns am besten in dem nachfolgenden Video an:

Quelle: WatchlistTYT, YouTube

Zieht diese Aktion von McDonald’s einen monumentalen Wandel der gesamten Fast-Food-Industrie nach sich?

Getreu dem englischsprachigen Sprichwort „monkey see, monkey does“, übersetzt „Affe sieht, Affe tut“, gehe ich davon aus, dass wir derartige Konzepte bald auch bei unseren McDonald’s Filialen sehen werden und, gegebenenfalls, auch bei anderen Fast-Food-Ketten wie z.B. KFC, Burger King, Subway etc.

Wenn es darum geht Kosten zu reduzieren, welche zumeist insbesondere durch Personallohnkosten verursacht werden, und die Profite der Aktieninhaber und Co weiter zu steigern, dann wird uns jede Maßnahme als legitim verkauft.

Im Namen von Innovation, KI und Technologisierung sehen wir nur die Spitze des Eisbergs in Punkto des Wandels der Arbeitswelt und, damit einhergehend, der gesamten Gesellschaft. Es wird prognostiziert, dass dank Automatisierung in den kommenden Jahren auch etwa LKW-Fahrer, Fließbandarbeiter bis hin zu Buchhaltern, Lehrern und Anwälten massiv Jobs verloren gehen. Selbstverständlich werden durch die Entwicklungen auch neue Jobs geschaffen, was jeden dazu animieren sollte, sich ständig weiterzubilden und zu entwickeln.

Für uns hier in Europa, aber auch in den USA, mag ein derartiges Konzept ein Novum sein. Wer sich bisher öfters in Asien, insbesondere in Ländern wie etwa China, Japan, Singapur oder Malaysia, aufgehalten hat, weiß ganz genau, was auf uns zurollt. Denn dort gibt es bereits unzählige Restaurants (nicht nur Fast-Food-Ketten), in denen man am Tisch durch das Scannen eines QR-Codes seine Bestellung aufgibt. Zudem wird das Essen anschließend über eine an der Decke befestigten Schiene geliefert. Ein Roboterarm nimmt das Essen von der Schiene und stellt es in die Mitte des Tisches ab. Voilà, Guten Appetit. Die Bezahlung erfolgt digitalisiert, direkt über eine App.

Alles läuft reibungslos, komfortabel, zackig und schnell.

Keine „lästige“ Interaktion mit Menschen; gemeint ist damit oft das Personal.

Stellt sich die Frage: Ist dies die Zukunft, die wir uns wirklich wünschen?

Nun, ich habe nichts gegen Technologisierung, Robotisierung, Automatisierung und Co., wenn diese so eingesetzt werden, dass sie mit dem Leben der menschlichen Spezies harmonisieren. Mit anderen Worten, Roboter können uns dabei unterstützen, unsere Tätigkeiten und Aufgaben effizienter und effektiver zu erledigen. Sie können uns unterstützen, wertvolle Zeit zu sparen, so dass wir uns auf unsere Leidenschaften, kreativen Aktivitäten und unsere Hobbies fokussieren können. Und das wohl wichtigste, Zeit für unsere Liebsten haben.

Die automatischen Fast-Food-Ketten sind, z.B. für Drive-Throughs auf Autobahnraststätten, sicherlich eine interessante Option für alle, die es eilig haben. Auch in Großstädten können sie in hochfrequentierten Zonen ein attraktives Angebot sein.

Alles jedoch auf Roboter umzustellen und die menschliche Interaktion beim Essen gänzlich auszuschalten, halte ich für sehr gefährlich und schädlich für die Entwicklung unserer Gesellschaft. Immerhin sollte das gemeinsame Essen uns näher zusammen bringen. Die zwischenmenschliche Interaktion ist gerade das, was uns als Spezies verbindet und stärkt.

Dieser Wandel ist absehbar und er wird kommen, ob es uns gefällt oder nicht. Dass es wieder McDonald’s ist, der diesen Trend anschiebt, sollte ebenfalls niemanden verwundern. Wie wir diese Entwicklung in unseren Alltag integrieren, hängt jedoch an uns. Deshalb gilt es bewusst zu fragen: wo können uns Roboter unterstützen? Und wo können sie unsere Lebensqualität aber auch massiv einschränken?

Bildquelle: Foto von Tara Winstead auf Pexels

2023-06 Die Brennnessel – ein Unkraut das es in sich hat - Agrarbetrieb

Die Brennnessel – ein “Unkraut”, das es in sich hat

Die Brennnessel – sie wächst quasi überall. Es ist normal, sie nicht nur im Garten, an Wiesen- oder Waldrändern zu sehen, sondern auch in der Stadt an den scheinbar widrigsten Ecken und Seitenstreifen. Im Alltag nehmen wir sie deshalb gar nicht mehr wahr und erst recht übersehen wir die Superkräfte, dieser Pflanze.

Also lasst mich die Brennnessel für Euch ins Rampenlicht stellen. Wusstet Ihr, dass die Brennnessel die Heilpflanze des Jahres 2022 war? Fast jeder kennt das Kraut wohl nur wegen dem juckenden Brennen, den wir durch den Kontakt mit den Blättern auf unserer Haut deutlich zu spüren bekommen. Bereits als Kinder haben wir hier gut gelernt, der Brennnessel aus dem Weg zu gehen. Diese negative Assoziation ist Schuld daran, dass sie allgemein eher lediglich als Unkraut verschrien ist.

Dabei war dies nicht immer so. Bereits im Altertum wurde die Pflanze für ihre mezinischen Fähigkeiten äußerst geschätzt. Als wildwachsende Pflanze, die in der Natur frei zur Verfügung steht und für viele Leiden für ihre heilende Wirkung gekannt wurde, wurde sie auch im Mittelalter sehr vom Volk geschätzt. Aber auch heutzutage bieten Unternehmen in Bereichen wie Kosmetik und Nahrungsergänzungmittel die verschiedensten Produkte mit Brennnesselextrakten als Inhaltsstoff an.

Was macht die Brennnessel so wertvoll?

Zunächst lasst uns festhalten, dass die Brennnessel eine wahre Nährstoffbombe ist. Neben den Blättern, stecken vor allem in den Wurzeln und Samen die Heilkräfte. Die Pflanze protzt vor wichtigen Nährstoffen und auch sekundären Pflanzenstoffen. Unter anderem ist die Brennnessel ein sehr gute Quelle für:

– Eisen, Kalium, Kalzium, Magnesium, Silizium

– Vitamine A, B, C und E

– Omega-6-Fettsäuren, pflanzliche Eiweiße (sie kann mit Bohnen und Kichererbsen mithalten) sowie pflanzliche Hormone, und vielem mehr

Ich denke, Ihr seht, warum Nahrungsergänzungsmittel aus Brennnesseln ein ‘Hit’ sind.

Wo kann die Brennnessel eingesetzt werden?

Aufgrund ihrer Inhaltsstoffe gilt die Brennnessel in ihrer Anwendung als

  • – harntreibend (entwässernd)
  • – förderlich für die Durchblutung
  • – anregend für den Stoffwechsel
  • – schmerzstillend und krampflösend
  • – entzündungshemmend und antibiotisch

Entsprechend breit ist das Spektrum an Leiden, für welches die Brennnessel helfend eingesetzt werden kann. Die Pflanze wird hierfür in Form von Tees getrunken oder die aus ihr gewonnenen Extrakte innerlich oder äußerlich angewendet. Positive Wirkungen können unter anderem in den folgenden Bereichen erzielt werden:

  • – Abhilfe bei Erkrankungen von Blase, Harnwegen oder Nieren
  • – Verringerung von Beschwerden, etwa bei Arthrose, Gicht oder Reuma
  • – Regulierung von Störungen des Stoffwechsels oder der Verdauung
  • – Besserung bei Menstrationsbeschwerden oder Symptomen durch Prostataerkrankungen
  • – Effektive Linderung bei Haut- und Haarproblemen wie etwa Schuppen, Akne oder Haarausfall
Quelle: Wolf-Dieter Storl, YouTube

Das die Brennnessel zur Heilpflanze des Jahre 2022 gekürt wurde, ist bei dieser Bandbreite mehr als verdient. Die Auflistung dient lediglich als Inspiration, dass Ihr Euch diese Pflanze näher anschaut und ggf. mit Eurem Arzt oder Apotheker einen möglichen Einsatz besprecht.

Selber pflücken und zubereiten – nichts leichter als das!

Das Angebot an Brennnesselprodukten ist vielfältig und durchaus eine legitime Quelle, um von den Wunderkräften dieser Pflanze profitieren zu können, insbesondere wenn kein eigener Garten für den Anbau zur Verfügung steht. Die Brennnesselhaare und ihre juckende Wirkung bei Kontakt können jedoch abschreckend auf die eigene Ernte und Nutzung wirken. Dabei ist auch die Brennnessel ein ganz harmloses Kraut, wenn man nur weiß, wie man sie handhabt.

Und vorallem, ist sie auch total lecker. Hättet Ihr gedacht, dass man aus Brennnesseln leckere Salate, Gemüsebeilagen, Suppen, Pesto oder Smoothies zubereiten kann? Wie lecker Brennnesseltee ist, sollte wohl jeder mittlerweile entdeckt haben. Aber dass aus Brennnesseln auch leckere Limonaden zur Erfrischung gezaubert werden können, ist wohl noch nicht so bekannt.

Am besten baut man die Brennnessel im eigenen Garten an. Hier ist auch sichergestellt, dass die Pflanze bei der Ernte nicht von Verunreinigungen belastet ist. Übrigens, die Brennnessel ist auch eine sogenannte Zeigerpflanze, d.h. ihr Vorkommen zeigt an, dass der Boden sehr fruchtbar ist. Zudem ist sie nicht nur für die Raupen zahlreicher Schmetterlingsarten eine Futterpflanze. Zu Jauche oder Brühe verarbeitet, stärkt sie Pflanzen, ist ein sehr guter Dünger und äußerst effektiv in der Abwehr von Schädlingen.

Blütezeit: Juli bis Oktober,

Erntezeit: v.a. Juli bis September; bspw:

nach der Blüte: winzige Nussfrüchte, welche die Samen enthalten

die jungen Blattspitzen von jungen Pflanzen für Salate und Gemüse

im Frühjahr oder Herbst: die Wurzeln ausgraben und trocknen

Standort: halbschattige bis sonnige Standorte mit nährstoffreichen, eher feuchten Boden, beliebt: eine ruhige Ecke neben dem Kompost

Am einfachsten ist die Ernte mit Gartenhandschuhen. Einfach die Stängel mit der Schere abschneiden. Aber auch ohne Handschuhe lässt sich die Brennnessel durchaus einfach ernten: den unteren Stängel zwischen Zeige- und Mittelfinger nehmen und mit einer bestimmten, festen Bewegung von unten nach oben, d.h. Wachstumsrichtung der Haare, den Stängel entlang ziehen.

In der Küche kann man dann für die Weiterverarbeitung auf verschiedenste Weise Herr über die Brennnesselhaare werden: bspw. durch Kochen, Blanchieren, Mixen oder für den rohen Verzerr einfach die Blätter mit einem Nudelholz rollend bearbeiten.

Ihr seht, die unscheinbare Brennnessel hat wahre (leckere) Superkräfte, von denen wir immens profitieren können, wenn wir uns von ihren Häarchen nicht abschrecken lassen.

Bildquelle: Foto von Pixabay auf Pexels

Weiterführende Quellen:

2023-04 Food in the nude Schluss mit dem Plastikwahnsinn - Agrarbetrieb

„Food in the nude“ – Schluss mit dem Plastikwahnsinn

Das Projekt „Food in the nude“ hat die neuseeländischen Verbraucher völlig überzeugt. Die Verkäufe für Obst und Gemüse schossen in die Höhe, teilweise bis zu 300%. Nun schwappt das „nackte Essen“ auch zu uns nach Europa rüber: in Frankreich und Spanien per Gesetz, in britischen Supermärkten erstmal als Test.

Wir werden mit Plastik regelrecht überflutet. Einzelne Karotten oder Paprika in Plastik umhüllt ist kein Horrorszenario aus irgendeiner Hollywood-Serie sondern die bittere Realität. Einerseits wird loses Obst und Gemüse in Supermärkten und Discountern kaum angeboten und andererseits ist dieses oft teurer als die „Kollegen“, die in Plastik umhüllt sind.

Die Meere und Ozeane sind mit Plastik verschmutzt. In Städten gehören Müllecken voll Plastik mittlerweile ebenso zum Alltag wie etwa auch an Zugstrecken immer wieder Plastiktüten rumhängen oder leere Plastikflaschen entlang der Gleise liegen. Unsere Generation ernährt sich praktisch von Plastik: wir essen, trinken und atmen Plastik ein. Das dies alles andere als gesund ist, brauch ich an dieser Stelle nicht anführen.

Wie beenden wir diesen Plastikwahnsinn?

Wenn es anders nicht geht, dann halt per Gesetz.

Seit dem 1. Januar 2022 dürfen in Frankreich per Gesetz, 30 Obst- und Gemüsesorten nicht mehr in Plastik verpackt werden. Dazu zählen u.a. Zitronen, Orangen, Birnen, Bananen, Kiwis, Lauch, Paprika, Gurken, Auberginen oder Zucchini. In 2023 ist in Spanien ein ähnliches Gesetz in Kraft getreten. Spanische Supermärkte und Lebensmittelgeschäfte dürfen nur noch „nacktes“ Obst und Gemüse anbieten. Das Verbot gilt für Produkte mit einem Gewicht von weniger als 1,5 Kilogramm.

Quelle: Euronews (deutsch), YouTube

„Plastikfrei“ geht schneller als uns weis gemacht wird

Wer verdient denn an Plastik?

Man muß nur die richtigen Fragen stellen, um an die Profiteure zu gelangen. Da es sich hierbei um eine äußerst starke Lobby handelt, klappt das mit den Verboten oft nur noch per Gesetz.

Wie oft haben wir die Aussage von Politikern, Industrievertretern, Supermärkten und Discountern gehört, welche lautet: „Wir brauchen 10 Jahre um alles umzustellen und plastikfrei zu werden“.

Das dies eine glatte Lüge ist, beweist ein britischer Supermarkt, der es geschafft hat, binnen 10 Wochen plastikfrei zu werden. Es handelt sich hierbei um Thorntons Budgens, ein im Norden Londons befindlicher Supermarkt. Dieser bietet seinen Kunden 1700 Produkte in kunststofffreien Verpackungen an.

Der Verkauf von „nacktem“ Obst und Gemüse zahlt sich aus. In Neuseeland zum Beispiel, wo das Projekt „Food in the nude“ seinen Ursprung hat, verzeichneten Supermärkte einen Anstieg von 300% für gewisse Gemüsesorten, so der NZ Herald.

Frankreich prescht vor. Bis 2026 soll jegliches Obst und Gemüse nur noch „nackt“ im Regal stehen dürfen. Bis dahin haben Erzeuger von Sorten, die sich nicht ohne weiteres lose verkaufen lassen, wie z.B. Himbeeren oder Kirschtomaten, Zeit, auf andere Alternativen umzusteigen.

Wie wär’s mit „Food in the nude“ in Deutschland?

Das Spiel, das im Bereich Lebensmittel getrieben wird, ist wirklich verrückt. Bleiben wir beim Obst und Gemüse.

Während der Konsument vermehrt nach Bio, regional, saisonal und plastikfrei verlangt, bietet uns der Handel z.B. Trauben aus Indien schön in Plastik verpackt an. Hinzu kommt, dass unverpacktes Obst und Gemüse häufig teurer ist als die verpackten Produkte — so eine aktuelle Studie der Verbraucherzentrale Hamburg aus 2019. (hier findest du mehr über aktuelle Ernährungstrends)

Warum werden kleine Tomaten in Plastikdosen angeboten?

Wieso muss man Bio-Bananen in Plastik umhüllen?

Eins ist ganz wichtig, wenn wir mit diesem ganzen Plastikwahnsinn aufhören wollen:

Es muss Schluss sein mit dem zu krumm, zu dick, zu dünn, zu gerade, zu lang oder zu kurz. Diese Kriterien haben mit der Landwirtschaft nichts zu tun. Wer glaubt, dass Obst und Gemüse nach Standardmaßnahmen wächst, der sollte seinen nächsten Urlaub am besten auf dem Ackerfeld verbringen.

Ich begrüße die Initiative unserer französischen und spanischen Nachbarn. Manchmal muss man solche Sachen leider per Gesetz durchpeitschen, damit wir auch eine Änderung sehen. Und siehe da, auf einmal wird der Mensch kreativ und findet schnell auch bessere und nachhaltigere Alternativen als Plastik.

Ich gehe davon aus, dass sich auch bei uns in Deutschland in punkto Plastik etwas tun wird. Manchmal sind wir halt langsamer, wenn es darum geht, Änderungen durchzuführen. Wenn wir jedoch etwas entscheiden, dann ziehen wir es auch durch.

„Food in the nude“ demnächst auch hierzulande?

Bildquelle: Foto von Michael Burrows auf Pexels