Nachhaltiges Bauen hat nichts mit primitiv zu tun
Es ist allgemein bekannt: die `reichen´ Länder, zu denen wir hier in Deutschland auch zählen, verbrauchen einen Großteil der weltweiten Ressourcen. Wir verbrauchen alles, was uns in die Finger kommt, egal ob es sich dabei um natürliche Ressourcen oder nicht erneuerbare Rohstoffe, wie z.B. Metalle und seltene Erden, handelt. Aber es geht auch anders, denn es gibt nachwachsende Alternativen, die sich für nachhaltiges Bauen perfekt eignen.
Stahl und Beton durch Hanf, Lehm oder Pilze zu ersetzen, mag komisch klingen, aber das Interesse und die Nachfrage nach „nicht auf Öl basierten“ Bauelementen steigt kontinuierlich an. Den Ölgiganten schmeckt dieser Trend sicherlich nicht, aber solange es sich „nur“ um eine Nische handelt, welche die Profite der Branche nicht wesentlich beeinflusst, wird da wohl ein Auge zugedrückt.
Nachhaltiges Bauen und nachhaltige Landwirtschaft haben einiges gemeinsam, aber die wohl größte Gemeinsamkeit liegt darin, dass sie im Bewusstsein der Menschen als „primitiv“ abgespeichert sind. Und hiermit einhergehend wird geglaubt, dass man für die Umsetzung keine moderne Technologie benötigt, dass die Konzepte auf Materialien basieren, die nicht haltbar sind, dass es sich hierbei nur um eine Fassade handelt, um etwas besser zu verkaufen usw.
In meinem heutigen Blog geht es mir nicht darum, die einen oder anderen zu überzeugen, sondern vielmehr möchte ich aufzeigen, woran einerseits Forscher arbeiten und andererseits, welche nachhaltigen, natürlichen Baualternativen bereits erfolgreich eingesetzt werden.
Hierzu ein kleiner Überblick über einige Artikel, die ich zu diesem Thema hier auf Agrarbetrieb bereits geschrieben habe:
- Öko-Haus: Der Einsatz von Hanf im Bausektor
- 3D-gedruckte Hanfhäuser – Green Deal mal anders
- Earthship – Ein autarkes Haus aus Abfall
- Häusle bauen aus 3D, Hanfbeton oder im Gewächshaus
Nachhaltiges Bauen mal ganz anders: Ein Häusle aus Pilze
Ein nachhaltiges Haus was am Ende auch noch kompostierbar ist? Soll das ein Scherz sein?
Geht es nach den Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und ETH Zürich, dann könnten wir künftig Baumaterialien aus Pilzen und Bambus herstellen.
Derzeit forscht das Team um Professor Dirk Hebel (Leiter der Professur für Nachhaltiges Bauen, KIT) an einer Baumasse, welche aus dem Wurzelwerk des Pilzes Ganoderma lucidum (Glänzender Lackporling) besteht. Dazu werden Holzspäne und andere pflanzliche Abfälle, wie z.B. Getreideschalen, vermischt. Das Mycel, eine schwammähnliche Substanz, lässt sich leicht in Formen gießen. Um das Wachstum des Pilzes zu stoppen, wird der Baubestandteil getrocknet.
Das leichte Baumaterial eignet sich hervorragend zum Isolieren.
Des Weiteren forscht Prof. Hebel an neuartigen Verbundwerkstoffen, die aus Bambus entwickelt werden. Anders als Holz, wächst Bambus viel schneller und seine langen stabilen Fasern sind eine willkommene Eigenschaft im Bauwesen. Das Material wird von den Forschern insbesondere auch auf sein Druck- und Zugbelastbarkeit getestet. Diese sollen durch die gezielte Gestaltung geometrischer Formen mit Hilfe dreidimensionaler grafischer Statik verbessert werden.
Ausgefallen? Wie wär’s mit einem Lehmhaus im Inneren eines Gewächshauses?
Wer Pilze und Bambus als Baumaterialien skurril findet, wird bei der nächsten Bauweise sicherlich nicht schlecht staunen. Es handelt sich nämlich um ein 150 Quadratmeter Haus aus Lehm, Stroh und Holz, welches sich im Inneren eines 300 Quadratmeter großen Glas- bzw. Gewächshauses befindet.
Es handelt sich hierbei um das gemütliche Häusl des 72-jährigen Jürgen Heermann, ein ehemaliger Bordingenieur, der dieses Prachtstück aus Flammersfeld im Westerland vor 15 Jahren von einem praktizierenden Schamanen kaufte. Das energieeffiziente Haus besteht aus natürlichen und ökologischen Baumaterialien. Mehr Informationen hierzu gibts im beigefügten Video des SWR.
Leider herrscht bei vielen Mitmenschen der falsche Glaube im Kopf, dass nachhaltige Häuser, die oft auch noch vom Versorgungsnetz abgekoppelt „leben“, primitiv sind. Earthships, Lehmhäuser inmitten von Gewächshäuser oder Hanfhäuser bieten all den Komfort, den moderne Betonhäuser auch bieten — sogar mehr als das, denn sie sind natürlich.
Die Ökosysteme die verwendet werden, um das Wasser zu recyclen und aufzubereiten erfordern ein klares Verständnis für Natur und Physik. Hinzu kommt, dass diese Häuser schneller und günstiger zu bauen sind als die herkömmlichen Varianten.
Egal ob autark und vom aktuellen System ganz oder teilweise abgekoppelt oder ob einfach mal ein natürliches Haus, das im Einklang mit der Natur existiert, eins ist klar:
Wir befinden uns am Anfang der Entdeckungsreise.
Nachhaltiges Bauen erfordert Mut, jede Menge Kreativität und die Bereitschaft anders zu denken. Neue Ideen und Konzepte werden niemals aus der Masse kommen.
Bildquelle: Foto von Andrea Davis auf Unsplash
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