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2023-05 Nachhaltiges Bauen hat nichts mit primitiv zu tun - Agrarbetrieb

Nachhaltiges Bauen hat nichts mit primitiv zu tun

Es ist allgemein bekannt: die `reichen´ Länder, zu denen wir hier in Deutschland auch zählen, verbrauchen einen Großteil der weltweiten Ressourcen. Wir verbrauchen alles, was uns in die Finger kommt, egal ob es sich dabei um natürliche Ressourcen oder nicht erneuerbare Rohstoffe, wie z.B. Metalle und seltene Erden, handelt. Aber es geht auch anders, denn es gibt nachwachsende Alternativen, die sich für nachhaltiges Bauen perfekt eignen.

Stahl und Beton durch Hanf, Lehm oder Pilze zu ersetzen, mag komisch klingen, aber das Interesse und die Nachfrage nach „nicht auf Öl basierten“ Bauelementen steigt kontinuierlich an. Den Ölgiganten schmeckt dieser Trend sicherlich nicht, aber solange es sich „nur“ um eine Nische handelt, welche die Profite der Branche nicht wesentlich beeinflusst, wird da wohl ein Auge zugedrückt.

Nachhaltiges Bauen und nachhaltige Landwirtschaft haben einiges gemeinsam, aber die wohl größte Gemeinsamkeit liegt darin, dass sie im Bewusstsein der Menschen als „primitiv“ abgespeichert sind. Und hiermit einhergehend wird geglaubt, dass man für die Umsetzung keine moderne Technologie benötigt, dass die Konzepte auf Materialien basieren, die nicht haltbar sind, dass es sich hierbei nur um eine Fassade handelt, um etwas besser zu verkaufen usw.

In meinem heutigen Blog geht es mir nicht darum, die einen oder anderen zu überzeugen, sondern vielmehr möchte ich aufzeigen, woran einerseits Forscher arbeiten und andererseits, welche nachhaltigen, natürlichen Baualternativen bereits erfolgreich eingesetzt werden.

Hierzu ein kleiner Überblick über einige Artikel, die ich zu diesem Thema hier auf Agrarbetrieb bereits geschrieben habe:

Nachhaltiges Bauen mal ganz anders: Ein Häusle aus Pilze

Ein nachhaltiges Haus was am Ende auch noch kompostierbar ist? Soll das ein Scherz sein?

Geht es nach den Forschern des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und ETH Zürich, dann könnten wir künftig Baumaterialien aus Pilzen und Bambus herstellen.

Derzeit forscht das Team um Professor Dirk Hebel (Leiter der Professur für Nachhaltiges Bauen, KIT) an einer Baumasse, welche aus dem Wurzelwerk des Pilzes Ganoderma lucidum (Glänzender Lackporling) besteht. Dazu werden Holzspäne und andere pflanzliche Abfälle, wie z.B. Getreideschalen, vermischt. Das Mycel, eine schwammähnliche Substanz, lässt sich leicht in Formen gießen. Um das Wachstum des Pilzes zu stoppen, wird der Baubestandteil getrocknet.

Das leichte Baumaterial eignet sich hervorragend zum Isolieren.

Des Weiteren forscht Prof. Hebel an neuartigen Verbundwerkstoffen, die aus Bambus entwickelt werden. Anders als Holz, wächst Bambus viel schneller und seine langen stabilen Fasern sind eine willkommene Eigenschaft im Bauwesen. Das Material wird von den Forschern insbesondere auch auf sein Druck- und Zugbelastbarkeit getestet. Diese sollen durch die gezielte Gestaltung geometrischer Formen mit Hilfe dreidimensionaler grafischer Statik verbessert werden.

Ausgefallen? Wie wär’s mit einem Lehmhaus im Inneren eines Gewächshauses?

Wer Pilze und Bambus als Baumaterialien skurril findet, wird bei der nächsten Bauweise sicherlich nicht schlecht staunen. Es handelt sich nämlich um ein 150 Quadratmeter Haus aus Lehm, Stroh und Holz, welches sich im Inneren eines 300 Quadratmeter großen Glas- bzw. Gewächshauses befindet.

Es handelt sich hierbei um das gemütliche Häusl des 72-jährigen Jürgen Heermann, ein ehemaliger Bordingenieur, der dieses Prachtstück aus Flammersfeld im Westerland vor 15 Jahren von einem praktizierenden Schamanen kaufte. Das energieeffiziente Haus besteht aus natürlichen und ökologischen Baumaterialien. Mehr Informationen hierzu gibts im beigefügten Video des SWR.

Quelle: SWR Room Tour, YouTube

Leider herrscht bei vielen Mitmenschen der falsche Glaube im Kopf, dass nachhaltige Häuser, die oft auch noch vom Versorgungsnetz abgekoppelt „leben“, primitiv sind. Earthships, Lehmhäuser inmitten von Gewächshäuser oder Hanfhäuser bieten all den Komfort, den moderne Betonhäuser auch bieten — sogar mehr als das, denn sie sind natürlich.

Die Ökosysteme die verwendet werden, um das Wasser zu recyclen und aufzubereiten erfordern ein klares Verständnis für Natur und Physik. Hinzu kommt, dass diese Häuser schneller und günstiger zu bauen sind als die herkömmlichen Varianten.

Egal ob autark und vom aktuellen System ganz oder teilweise abgekoppelt oder ob einfach mal ein natürliches Haus, das im Einklang mit der Natur existiert, eins ist klar:

Wir befinden uns am Anfang der Entdeckungsreise.

Nachhaltiges Bauen erfordert Mut, jede Menge Kreativität und die Bereitschaft anders zu denken. Neue Ideen und Konzepte werden niemals aus der Masse kommen.

Bildquelle: Foto von Andrea Davis auf Unsplash

Gewaechshaus der Zukunft - 3 innovative Konzepte

Gewächshaus der Zukunft – 3 innovative Konzepte

Ein eigenes Gewächshaus zu haben ist für viele Natur- und Lebensmittelliebhaber das Non-Plus-Ultra. Die einen verlassen ihre gut bezahlten „City“-Jobs und kaufen sich ein Stück Land, um endlich das zu tun, was sie schon immer wollten, andere wiederum kehren dem hektischen Alltag den Rücken und ziehen sich in ihr eigens gebasteltes Refugium zurück.

Gewächshäuser unterschiedlicher Größe, Art und Couleur schießen mittlerweile weltweit wie Pilze aus dem Boden. Was sie von den Standard-Gewächshäuser, die wir gewohnt sind, unterscheidet, ist ihre Funktionsweise. Saisonunabhängig Erdbeeren, Tomaten, Bohnen und Co. zu züchten, ist langweilig geworden; die neuen Konzepte sind innovativ, inspirierend und äußerst kreativ.

Heute möchte ich Euch drei innovative Gewächshaus-Konzepte präsentieren, als wichtiger Reminder dafür, dass es sich lohnt anders zu denken.

1. Ein Studentenwohnheim im Gewächshaus

Ein wandelndes Wohnbiotop in den 20 Studenten hausieren, ist schon etwas Außergewöhnliches. Das ESA Selbstbau-Projekt (Energiesparende Studentenwohnheim-Architektur) entstand in den 80er Jahren mit Hilfe von Studierenden und wissenschaftlichen Mitarbeitern der TU Kaiserslautern sowie entsprechenden Handwerkern.

Das energieeffiziente Gebäude, das nach dem Haus-in-Haus-Prinzip gebaut wurde, befindet sich auf dem Campus der Uni, am Rande des Pfälzer Waldes. Die Einrichtung besteht aus:

  • 20 Wohneinheiten mit Zimmern und Gärten oder Terrassen
  • einer großen Gemeinschaftsküche
  • Gemeinschaftsräume
  • Bäder
  • Kellerräume

Die Hülle des Hauses besteht aus Folie und Glas.

Das Biotop erscheint wie ein Paradies aus Kletterpflanzen, heimischen Obst- und Gemüsesorten. Auch Exoten wie Kiwis und Feigen reifen in dem mit den Jahreszeiten wandelnden Gewächshaus.

Ich überlasse am besten den Studenten, die derzeit dort wohnen, Euch auf eine Besichtigungstour mitzunehmen:

Quelle: SWR Room Tour, YouTube

2. Walipini-Gewächshäuser eignen sich auch für den Westen

Das unterirdische Gewächshaus, das in den 90er Jahren von Freiwilligen in La Paz, Bolivien gebaut wurde, fasziniert seither die Menschen auf der ganzen Welt.

Die Idee bitterkalte Nächte und gar Jahreszeiten zu überwinden und dabei die Vegetationsperiode von Pflanzen zu verlängern, spricht immer mehr Seelen an. Dieses Grubengewächshaus in Ländern wie z.B. Norwegen, Schweden oder Kanada nachzubauen und über die dunklen Wintermonate von frischem Obst und Gemüse zu profitieren, ist sicherlich etwas wundervolles.

Walipinis sind grundsätzlich, wenn richtig gebaut:

  • warm aufgrund der Erdisolierung ==> Übrigens: Walipini bedeutet „Ort der Wärme“
  • gemütlich und
  • hell (Sonnenlicht dringt durch Plastikfolien oder Glas durch).
  • Hinzu kommt, dass diese sehr effizient sind.

Für detaillierte Informationen über Walipinis empfehle ich Euch meinen Beitrag mit dem gleichnamigen Titel.

Walipini: Grubengewächshäuser erobern die ganze Welt

3. Permakultur im geodätischem Kuppel-Gewächshaus

Von der Großstadt direkt in die sogenannte „Ecobubble – für manche ein Alptraum, für andere wiederum die absolute Traumwelt. „Goodbye Keyboard-Jobs!“ Das sagte sich ein kanadisches Paar als es aus Toronto wegzog und sich für ein Leben auf dem Land entschieden hat.

Inmitten des Grundstücks erstreckt sich heuer ein kleines Paradies, nämlich ein geodätisches Kuppelgewächshaus. Bei dem nördlichen Klima das ganze Jahr über frisches Gemüse und Obst zu haben, ist sicherlich eine Herausforderung. Doch die beiden meistern diese hervorragend.

Sie nutzen dabei die Permakultur– und Hügelkulturmethoden, um in den Gärten Lebensmittel anzubauen. Sie verwenden dabei keine Pestizide oder Herbizide. Die Mikrofarm produziert frische Lebensmittel für den Eigenbedarf, für die Nachbarn und auch für einen kleinen Verkaufsstand, an dem sie ihre Produkte zum Verkauf anbieten.

Quelle: Exploring Alternatives, YouTube

Lust auf so ein Kuppelgewächshaus?

Der Geodom Rechner hat sich als recht hilfreich bei der Planung von Geodomen bzw. geodätischen Gewächshäusern erwiesen. Hier geht’s zum Dome Calculator.

Kreativität ohne Grenzen

In jedem von uns schlummern jede Menge kreative Schätze und Ideen, leider setzen die Wenigsten diese in Realität um. Dabei wären wir als Gesellschaft und Spezies so viel weiter, wenn sich mehr Menschen trauen und ihre tollen Visionen umsetzen würden.

Wem die oben aufgeführten Ideen immer noch zu „Mainstream“-mässig klingen, kann selbstverständlich sein gesamtes Haus mit einem Gewächshaus umhüllen. Klingt verrückt und nicht realisierbar?

Mag verrückt klingen, aber ein schwedisches Paar hat auch dies bereits umgesetzt. (Lese hierzu meinen „Häusle bauen“ Beitrag)

Der Öko-Trend der die ganze Welt erobert hat, wird in den kommenden Jahren eine Vielfalt von jetzt wohl noch „merkwürdigen“ Konzepten und Projekten ans Tageslicht bringen. Es hängt einzig und alleine von uns ab, wie offen wir innovative Ideen annehmen und so vielleicht auch neue Ansätze für aktuelle Herausforderungen umzusetzen.

Könntet Ihr Euch vorstellen ein Gewächshaus rundum Euer Haus zu bauen bzw. in ein fertig gebautes einzuziehen?

Bildquelle: Foto von Dominika Gregusova auf Pexels

Walipini: Grubengewächshäuser erobern die ganze Welt

Walipini: Grubengewächshäuser erobern die ganze Welt

Von Südamerika über die Mongolei und England bis hin in die USA, überall basteln Menschen an innovativen Grubengewächshäusern, um das ganze Jahr über mit frischen Nahrungsmittel versorgt zu sein. Schluss mit langen Transportwegen und dem Logistikchaos. Beim Bau eines Walipini geht es um einen minimalen Energie- und Wasserverbrauch und den Verzicht auf Pestizide. Dafür geht es um die Verfügbarkeit von leckerem Obst und Gemüse – unabhängig von der Jahreszeit.

Der Begriff „Walipini“ stammt aus Südamerika. Das unterirdische Gewächshaus bedeutet für die Aymara-Ureinwohner von Bolivien ein „Ort der Wärme“. Wer auf 4000m Höhe baut, wird mit jeder Menge Herausforderungen konfrontiert. Hinzu kommt, dass es in dieser Region nur 3 Monate lang regnet, d.h. die Trockenheit macht alles zunichte. Um die Lebensmittelsicherheit zu erhöhen, haben sich die Bolivianer diese versenkten Treibhäuser namens Walipinis zu eigen gemacht.

Die Bauweise der Walipinis hat es in sich: Die oberste Erdschicht wird als Boden des Gewächshauses verwendet. Der restliche Boden wird an der Schattenseite als Wand angebracht. Um Energie zu sparen, werden die Fenster so angelegt, dass der Winkel zur Sonne während der Wintersonnenwende 90 Grad beträgt.

Am besten lassen wir uns das Konzept von einem echten Bolivianer erklären …

Quelle: Bolivia ONGs, YouTube

Worauf sollte man beim Bau eines Walipini unbedingt achten?

Das Unwort beim Bau eines Grubengewächshauses ist Plastik. Deshalb gilt es auf jeden Fall auf Plastikfolien oder PVC-Plastikdächer zu verzichten. Der Grund hierfür liegt in der Verseuchung der Luft mit Mikroplastik und Weichmachern.

Welches Material eignet sich dann am besten für das Dach?

Wer transparente Dächer bevorzugt, kann auf Glas oder Plexiglas zurück greifen. Diejenigen, die Feststoff für den Bau heranziehen, können ein normales Dach bauen und dieses z.B. mit einer Fensterfront zur Sonnenseite kombinieren. Um Hagelschäden zu vermeiden, bietet sich die Verwendung von Hühnerdraht an. Die beliebtesten Konstruktionen sind in U- oder V-Form.

Weitere Tipps:

  • Wandmaterialien bzw. Wand stabilisieren mit Erdziegeln, Natursteine, Wasserfässer oder Erdsäcke
  • Tiefe: mindestens 1,2 Meter => Achtung: Grubengewächshäuser sollten unbedingt 1m über dem Grundwasserspiegel gebaut werden
  • Bewässerung: Regenwasser in Wasserfässer sammeln und damit die Pflanzen giessen => wer das Konzept der Permakultur anwendet, d.h. eine Hochbeet-Schichtung mit Holz, Laub und Kompost vornimmt, braucht nicht giessen
  • Die Fensterseite muss immer auf die Sonnenseite gerichtet sein
  • Die Belüftung sollte durch kleine eingebaute Fenster funktionieren

Eins der größten Vorteile dieser Walpini ist und bleibt die Ausnutzung der konstanten Temperatur der Erde.

Grubengewächshäuser auf der ganzen Welt

Die teilversenkten Gebäude sind kein Hype oder ein weiterer Trend der modernen Welt. Ganz im Gegenteil. Es handelt sich hierbei um ein Wissen, das seit Generationen in vielen Teilen der Welt ständig weiter gegeben wurde und wird.

So durfte es niemanden verwundern, dass wir die Grubengewächshäuser nicht nur in LaPaz (Bolivien) entdecken, sondern auf ähnlichen Höhen auf einem ganz anderen Kontinent, nämlich auf dem asiatischen Kontinent, in Nepal oder in der Mongolei. Weitere interessante Exemplare finden wir in Argentinien, Indien sowie in Europa, besser gesagt in England oder Nordamerika, sowohl in Kanada als auch in den USA.

Wie ausgefallen die Umstellung auf ein Grubengewächshaus sein kann, sehen wir am besten am Beispiel eines ehemaligen Raketensilos aus Nebraska (USA). Das verlassene unterirdische Haus ist der perfekte Anbauort für Kartoffeln, Tomaten, grüne Bohnen, Radieschen, Brokkoli und Knoblauch. Der Boden der Garage ist mit Holzboden und Kunstrasen ausgelegt. Die Konstruktion ähnelt zwar dem Set eines SciFi-Films, aber ansonsten ist an dem Ort und der Umsetzung nichts auszusetzen.

Anbei ein kurzer Videobeitrag über diese bizarre Transformation eines Relikts aus dem kalten Krieg …

Quelle: AP Archive, YouTube

In Europa scheint sich das Walipini-Konzept noch nicht so stark durchgesetzt zu haben, wie dies z.B. der Fall in den USA ist. Ich gehe jedoch davon aus, dass wir mit dem derzeitigen Bewusstseinswandel und einer steigenden Anzahl von Gemeinschaften, die es bevorzugen so autark wie möglich zu leben, einen Boom dieser unterirdischen Grubengewächshäuser erleben werden.

Ist Euch ein bekanntes Walipini im DACH-Raum bekannt? Falls ja, was fasziniert Euch am meisten an der Konstruktion?

Bildquelle: Foto von nonstopsmile auf Pixabay