Goodbye Flugobst und -gemüse
Unsere Nachbarländer haben es uns bereits vorgemacht und jetzt tun wir es auch. Wir verzichten auf den Import von Obst und Gemüse per Flugzeug. Lidl nutzt den Klimawandel als Argument für seine Entscheidung. Goodbye also, Papaya und sonstiges Flugobst und -gemüse.
Erst die Schweiz, dann Österreich und zuletzt die Niederlande — in diesen Ländern bietet Lidl kein fliegendes Obst und Gemüse mehr an. Nun verzichtet der Discounter auch bei uns gänzlich auf Exoten, die per Luftfracht importiert wurden. „Flugware weg“ bedeutet jedoch nicht, dass Importe per Schiff oder LKW nicht weiter zugelassen werden. (Quelle: Lebensmittel Zeitung)
Was heißt das konkret?
In erster Linie werden die Regale, insbesondere in der Winterzeit, wesentlich übersichtlicher. Man setzt auf heimisches Obst und Gemüse, d.h. Papayas, Sternfrüchte, Physalis und Co. werden durch Lageräpfel und -birnen ersetzt.
Zweitens rücken durch diese Entscheidung, Saisonprodukte vermehrt in den Fokus. Inwieweit die heimischen Landwirte davon profitieren werden, kann ich nicht sagen.
Interessanterweise betrifft der Klimawandel nur die Warengruppe „Obst und Gemüse“, denn Blumen dürfen merkwürdigerweise weiterhin aus jedem Teil der Welt per Flugzeug eingeflogen werden. Hauptsache sie sind frisch.
Demnach dürfen wir uns bei Obst und Gemüse weiterhin auf Produkte, die eine längere Haltbarkeit haben, freuen; so wie es etwa der Fall bei Bananen ist, die uns per Schiff erreichen.
Wer profitiert von der neuen „Kein Flugobst“- /“Kein Fluggemüse“- Politik?
Bei solchen Entscheidungen müssen wir uns immer wieder die Frage nach den Profiteuren stellen. Und die Antwort hierauf ist in diesem Falle gar nicht so einfach. Ganz im Gegenteil, erst kommen einem die Verlierer in den Sinn.
Einerseits, sind dies die Verbraucher mit knappen Geldbeuteln, die extra beim Low-Cost-Discounter einkaufen, um möglichst viele Produkte (u.a. auch Südfrüchte) billig einzukaufen. Andererseits, verhindert Lidl durch seine Entscheidung auch in weniger entwickelten Ländern den Zugang zu Flugobst und -gemüse.
Sowohl der deutsche Verbraucher als auch wir Landwirte bzw. kleine landwirtschaftliche Familienunternehmen profitieren nicht von dieser Entscheidung und das, obwohl wir Saisonprodukte aus der heimischen Produktion auch befürworten.
Es stellt sich also weiterhin die Frage, wer die finanziellen Profiteure sind:
Die Exporteure, die den Transport von Waren per Schifffahrt und LKW anbieten?
Die großen Agro-Konzerne, die ihre Monokulturen verstärkt auf den Markt pushen?
Oder Großinvestoren, die ihre Ländereien an Lidl, Aldi und Co. zum Weiterverarbeiten verpachten?
Nachhaltigkeit geht auch anders
Klimawandel und CO2-Reduktion als Hauptargumente zu verwenden, um eine Warengruppe „auszulisten“, ist mehr als unglaubwürdig. Wenn, dann müsste das konsequent über alle Produkte und Warengruppen durchgesetzt werden, ohne Ausnahmen. D.h. dann, dass es auch beispielsweise keine frischen Blumen mehr gibt, die einen Tag zuvor per Flieger geliefert worden sind.
Nachhaltigkeit geht auch anders. Frische, regionale Produkte, Bio- und Saisonprodukte aus der heimischen Produktion wären hierfür das A und O. Einen Vertrag mit Lidl abzuschließen ist aber für viele landwirtschaftlichen Familien ein Ding der Unmöglichkeit. Aber auch hier könnte wohl man mittels Genossenschaften und sonstiger Zusammenschlüsse sehr viel erreichen.
In den Großstädten können wir auf Konzepte wie z.B. Urban Farming oder Vertical Farming zurückgreifen. Beispiele hierzu gibt es zu Genüge. Etwa den 14.000 Quadratmeter großen Bauernhof auf einem Dach in Paris, von welchem die Haushalte und Restaurants in der französischen Hauptstadt mit Obst und Gemüse beliefert werden.
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Ich gehe davon aus, dass wir diesen „Trend“ der Auslistung von Lebensmitteln und sonstigen Waren, die per Flieger eingeflogen werden und im Discounter sowie Supermarkt verkauft werden, verstärkt erleben werden. Es bleibt spannend, zu beobachten, ob diese Vorgehensweise auch im Textilbereich oder in der Elektronikbranche angewandt wird. Letztendlich sollte das Thema „Klimawandel“, wenn überhaupt, wohl warengruppenübergreifend betrachtet werden. Alles andere sorgt für Kopfschütteln und Misstrauen.
Was hältst Du von Lidl’s neuer Strategie? Ist es sinnvoll auf Flugobst und -gemüse zu verzichten?
Bildquelle: Foto von Abet Llacer auf Pexels
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