Ist Vanille die neue niederländische Tomate?
Agrartechniker in den Niederlanden erforschen derzeit fleissig, wie die seltene und sensible Vanille in Europa Fuß fassen kann.
Denn: warum exotische Pflanzen importieren, wenn die sich rasant entwickelnde Technologie in Gewächshäusern die Tropen im Kleinformat nach Europa holen kann?
Die Agrarwirtschaft durchstößt damit weitere, bisher gegebene Grenzen. Der Anbau von Pflanzen ist nicht mehr an bestimmte Regionen der Erde gebunden.
Aber bevor uns das kühne Projekt der Niederländer näher anschauen, werfen wir noch den Blick auf zwei Nachrichten dieser Woche:
Russland wird größter Weizenexporteur
Nach den aktuellsten Prognosen des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums (USDA) wird Russland für 2017/2018 zum ersten Mal die Poolposition unter den weltweit größten Exporteuren für Weizen einnehmen.
Grundjahr ist das diesjährige Rekordangebot des Landes. Dieses liegt ca. 10 Prozent über dem Vorjahr und übertrifft noch die Erwartungen vom letzten Monat.
Die wesentlichen Faktoren, die Russland den ersten Platz einnehmen lassen werden, sind:
- erweiterte Anbauflächen,
- verbesserte Erträge,
- konkurrenzfähige Preise und
- der Ausbau der Infrastruktur zur Verbessung der Logistik beim Export
Dies zeigt auch nochmals deutlich, wie sehr sich Russlands Position auf dem Weltmarkt in den letzten Jahren gewandelt hat.
Sojaanbau in der EU soll gestärkt werden
Von den 14 EU-Landwirtschaftsministern wurde gestern eine Erklärung unterschrieben, die den Anbau von Eiweißpflanzen, vor allem Soja, in der EU vorantreiben soll.
Nachhaltig, zertifiziert und gentechnikfrei sollen dabei die Prozesse von der Produktion bis hin zur Vermarktung ablaufen.
„Unsere heimischen Eiweißpflanzen sind gegenüber dem importierten Soja noch nicht konkurrenzfähig, obwohl sie im Hinblick auf die Nachhaltigkeit überlegen sind. Die Entscheidung des Europaparlaments, den Pflanzenschutzmitteleinsatz auf ökologischen Vorrangflächen einzuschränken, verpasst den Eiweißpflanzenanbau in Deutschland einen zusätzlichen Rückschlag. Mit der Unterzeichnung der Soja-Erklärung setzen wir ein Signal, uns stärker für den Leguminosenanbau einzusetzen“, so Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt.
Ein Signal ist noch keine Umsetzung. Es wird sich zeigen, wie weit sich der Anbau von Soja in Deutschland ausdehnen wird.
Ich hab die beiden Nachrichten ausgewählt, weil sie abermals zeigen, wie stark sich landwirtschaftliche Rahmenbedingungen ändern können.
Mit politischem Willen und darauffolgender Umsetzung schafft es Russland, Europa und die USA zu überholen, die Positionen auf dem Weltmarkt zu verschieben.
Vielleicht ist es auch das, was wir hinsichtlich des Sojaanbaus in der EU erleben werden, eine Veränderung in der weltweiten Verteilung der Sojaproduktion.
Definitiv ist Soja jedoch eine Pflanze, die ein Beispiel für die Verschiebung der landwirtschaftlichen Grenzen ist.
Denn, fragt man Verbraucher, dann werden sie den Sojaanbau sicher nicht unbedingt mit Europa in Verbindung bringen.
Klar, es gibt Pflanzen, die für unser europäisches Klima nicht ausgelegt sind und weiterhin nur in fernen Regionen angebaut werden. Oder?
In den Niederlanden wird kräftig daran geforscht, diese Gegebenheit abzuändern.
Vanille aus den Niederlanden
Wir kennen die Gewächshäuser, in den Tomaten, Salat und Co. mit künstlichem Licht in sonst pflanzenunfreundlichen Bedingungen wachsen können.
Diese und andere Gewächshäuser der neuesten Generation stellen sicher, dass wir egal zu welcher Jahreszeit unser geliebtes, heimisches Gemüse frisch im Supermarkt erhalten können.
Nun sind Pflanzen wie Salatköpfe relativ anspruchslos. Andere Pflanzen haben sich bisher vehement gegen die Aufzucht in Gewächshäusern gesträubt.
So etwa auch die Vanille, die das exotische Klima, etwa von Madagaskar, liebt.
Die seltene und teure Pflanze ist sehr sensible hinsichtlich ihrer Zuchtbedingungen, weshalb sie bisher auch nur in wenigen Plätzen der Welt wächst.
Mit einem Anteil von über 60 Prozent ist Madagaskar der Hauptanbieter am Weltmarkt.
Das Land ist bitterarm. Der Anbau von Vanille bildet auf den dortigen Plantagen für rund 80.000 Kleinbauern die Lebensgrundlage.
Aber Vanille ist eine äußerst lukrative Pflanze. Derzeit kostet ein Kilogramm um die 600 Dollar. Der Preis lag nie zuvor so hoch und übersteigt gar den von Silber.
Gründe hierfür sind vielfältig. Sie reichen von Naturgewalten bis hin zu einer weltweit steigenden Nachfrage nach natürlichen Produkten.
Die Suche nach der richtigen Formel von Wasser, Licht, Temperatur und Feuchtigkeit im Gewächshaus scheint sich zu lohnen.
Niederländer holen exotische Gewürze in ihre Gewächshäuser
Quelle: afpde
Auch der ressourcenintensive Anbau scheint sich bei dem derzeitigen Marktpreis zu rechnen:
Vanille ist durchweg eine Pflanze, die eine intensive Betreuung benötigt.
Angefangen bei der Bestäubung, bei der die tausenden Insekten und Vögel, die sonst damit beschäftigt sind, von Hand in mühevoller Kleinarbeit ersetzt werden müssen.
Aber eins wird deutlich: mit den rasanten technologischen Entwicklungen, scheinen exotische Pflanzen nicht mehr nur in exotischen Ländern wachsen zu müssen:
Die erste Ernte der Dutch Vanilla wird für 2020 erwartet. Noch wird die Produktion im Gewächshaus zu teuer sein, um wirklich in Konkurrenz zu etwa Madagaskar zu stehen.
Die fehlende Quantität könnten die Niederländer bei der richtigen Formel in Punkto Qualität jedoch wieder wettmachen.
Was meint Ihr, wird die Verlagerung der Produktion in Gewächshäuser, die Landwirtschaft weltweit vereinheitlichen, so dass alle Pflanzen überall angebaut werden können?
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