Zucker-Fiasko: Preise fallen weiter, Jobs gehen verloren
Raus aus dem Zucker-Fiasko – nur wie? Die Zuckerpreise scheinen keine Grenze nach unten zu kennen. Der Binnenmarkt steht massiv unter Druck. Nordzucker will Sach- und Personalkosten reduzieren; Menschen verlieren ihre Jobs. Investitionen erfolgen außerhalb Europas.
Die Lage auf dem europäischen Zuckermarkt ist desaströs. So wie es derzeit aussieht, gibt es nur einen Gewinner, nämlich den Konsumenten.
Die Zucker-Akteure und Ihre Probleme im Einzelnen:
- Rübenbauer: Die Dürre hat die Zuckerrübe auch nicht verschont. Die Rüben sind vielerorts sehr klein geworden und die Ernte war schwierig.
- Konzerne / Industrie: Die beiden Zucker-Giganten Nordzucker und Südzucker stehen stark unter Druck. Beide Produzenten verzeichneten ein zweistelliges Minus im operativem Geschäft. Das hat bittere Konsequenzen: jetzt werden Stellen abgebaut. Investitionen erfolgen außerhalb des europäischen Kontinents.
Beide „Parteien“ kämpfen mit der gleichen Problematik:
Niedrige Zuckerpreise + einen mit Zucker überversorgten europäischen Markt
Zucker-Fiasko am Londoner Terminmarkt
Ein Blick auf die von der EU-Kommission veröffentlichten aktuellen Zahlen verdeutlicht das oben beschriebene. Im Oktober 2018 beliefen sich die Preise auf 320 EUR je Tonne. Ein historischer Tiefstand.
Damit kostete das Weißzucker 27 EUR/Tonne weniger als im September 2018 und ganze 100 EUR/Tonne weniger als im Vorjahr. Große Anbauländer wie Deutschland, Frankreich, den Niederlanden und Großbritannien kämpften sogar mit Preisen von 307 EUR je Tonne.
Nach der kurzen Erholung im November rappelte es erneut auf dem Londoner Terminmarkt für Zucker. Die Preise gingen um mehr als 10% auf 340 USD/Tonne (ca. 299 EUR/Tonne) zurück. Wichtig hierbei auch die Anmerkung, dass die Weltmarktpreise für Rohrzucker gesunken sind. Dies wirkte sich ebenfalls negativ auf die Zuckerpreise in Europa aus.
Der europäische Terminmarkt in London bleibt weiterhin pessimistisch. Von einer Preiserholung ist nicht die Rede. Die neue Ernte 2019 notiert mit 357 USD/Tonne (ca. 315 EUR/Tonne) und damit weniger als der Märzkontrakt.
Und wie sieht’s an der Börse in New York aus?
Nicht viel anders.
Die Weltmarktpreise für Rohrzucker sind seit Mitte Oktober um 10% zurückgegangen. Der Trend zeigt auch hier weiterhin nach unten. Eine Korrektur ist derzeit nicht in Sicht.
Was bedeutet das für die Rübenbauer?
Als Rübenbauer (ich gehöre nämlich auch dazu) stecken wir in einer Zweckmühle.
Je nachdem wie wir die Verträge abgeschlossen haben (kurz/ langfristig), wirkt sich dieser Preisverfall früher oder später auch auf uns aus. Die Bezahlung wird dann mager ausfallen.
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (kurz BLE) schätzt die Rübenpreise für die aktuelle Saison auf ca. 26 EUR/Tonne. Das sind 3 EUR/Tonne weniger als das Jahresniveau.
Folgendes gilt es noch zu berücksichtigen:
- Dürrebedingt ist die Ernte kleiner ausgefallen.
- Die EU-Kommission schätzt die aktuelle Rübenernte auf 126,2 Mio. Tonnen (die Zahl wurde um 12% nach unten korrigiert). Die Zuckererzeugung wird auf 18,6 Mio. Tonnen geschätzt (2,5 Mio. Tonnen weniger als im Vorjahr).
- Die verfügbare Zuckermenge übersteigt trotzdem den Bedarf (siehe weiter fallende Zuckerpreise).
- Der innereuropäische Verbrauch liegt bei 18,5 Mio. Tonnen.
- Die niedrigen Weltmarktpreise wirken sich negativ auf europäische Exporte aus.
Führt diese Situation dazu, dass die Anbauflächen für Zuckerrüben zurückgehen werden?
Zur Zeit geht die EU-Kommission von einem moderaten Rückgang aus.
Ob das so bleibt, muss abgewartet werden. Die gravierenden Probleme in der europäischen Zuckerwirtschaft deuten eher auf einen weiteren Rückgang der Anbauflächen für Zuckerrüben.
Quellen: Europäische Kommission, BLE, Telebörse.de
Quelle: Bayerischer Rundfunk, YouTube
Das Chaos nach der Quotenregelung ist perfekt
Vor einem Jahr, im Oktober 2017 hieß es „goodbye Quotenregelung“.
Seitdem herrscht Chaos auf dem europäischen Zuckermarkt. Die Preise sind im freien Fall. Die Industrie muss Stellen abbauen und Landwirte überlegen ihre Anbauflächen anders zu verteilen.
Auf Seiten der Industrie setzt Nordzucker ein klares Signal. Die Kosten in der Verwaltung müssen reduziert und Investitionen anderswo getätigt werden. Immerhin verzeichnen die Braunschweiger in diesem Jahr einen operativen Verlust von 40 Mio. EUR und auch nächstes Jahr werden die Ergebnisse voraussichtlich negativ ausfallen.
Ganz konkret heisst es:
- Reduzierung der Sach- und Personalkosten um jeweils 20 Mio. EUR.
- Investitionen in die Rohrzuckerproduktion außerhalb Europas wie z.B. Australien.
Wie geht’s weiter?
Sollen wir bei der Rübe bleiben oder unsere Anbauflächen lieber mit etwas anderem belegen? Ist denn Getreide so viel besser? Welche anderen Alternativen stehen uns zur Verfügung?
Diese und weitere Fragen gehen derzeit ganz vielen Rübenbauern durch den Kopf.
Klar hilft uns das tolle Ergebnis aus 2017 den Schlamassel aus diesem Jahr irgendwie zu überleben. Aber „Hoffnung“ und auf gute alte Zeiten zurückgreifen ist keine clevere Strategie. Überlegen ist angesagt. Gespräche mit Gleichgesinnten ist sicherlich etwas hilfreiches. Die endgültige Entscheidung liegt dann sowieso bei jedem Einzelnen von uns.
Raus aus dem Zucker-Fiasko: Welche Ideen und Überlegungen gehen Euch da durch den Kopf?
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